Morgenglosse

Ist der ORF nur vorsichtig? Oder übertreibt er?

Dancing Stars 2020
Dancing Stars 2020(c) ORF (Hans Leitner)
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Es sei „wie im Gefängnis“, sagt Tänzerin Roswitha Wieland über die strengen Sicherheitsvorkehrungen bei „Dancing Stars“. Nicht einmal allein auf die Toilette dürfe sie gehen.

Wie war das damals im April? Moderatoren und Techniker der wichtigen ORF-Nachrichtensendungen zogen unter großem Getöse in Isolationsbereiche. Sie arbeiteten, schliefen, lebten am Küniglberg. Zwei Teams wechselten sich im Zwei-Wochen-Rhythmus ab, auch Armin Wolf und Ingrid Thurnher machten mit. Selbst in den Landesstudios gab es Isolationsbereiche, damit kein „Bundesland heute“ ausfallen muss, falls mehrere Mitarbeiter am Coronavirus erkranken sollten oder unter Quarantäne gestellt werden. „Wir werden alles Mögliche tun, um den Sendebetrieb bestmöglich abzusichern“, sagte damals ORF-Chef Alexander Wrabetz.

Alles Mögliche tut man derzeit auch, um das Flaggschiff der ORF-Shows, die „Dancing Stars“ abzusichern. Tänzerin Roswitha Wieland beschwerte sich jüngst im „News“ über die strengen Sicherheitsvorkehrungen. Für die Teilnehmer herrsche das Verbot, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Betreuer würden darauf achten, dass es zu keinen Gesprächen zwischen den Teilnehmern kommt. Die Tanzpaare seien in fensterlosen Containern untergebracht, stünden ständig unter Aufsicht, selbst beim Gang auf die Toilette – damit man dort nicht unabsichtlich auf andere Teilnehmer trifft. „Wie im Gefängnis“ sei es, sagte Wieland. Sie hat dieses „Gefängnis“ inzwischen verlassen. Wieland und ihr Tanzpartner, der Schauspieler Christian Dolezal, sind am vergangenen Freitag aus der Show ausgeschieden.

Auch die langjährige Sendungsverantwortliche der „Dancing Stars“, Andrea Heinrich, ist nicht mehr dabei. Sie legte ihre Funktion zurück – nur einen Tag, bevor sie Show Ende September wieder auf Sendung ging. Grund dafür seien die harten sanitären Auflagen gewesen, hieß es im „Kurier“. Der ORF wies die Darstellung zurück.

Nun stellt sich die Frage: Ist der ORF nur vorsichtig? Oder übertreibt er? Anlassfall für die strengen Maßnahmen bei „Dancing Stars“ sind jedenfalls keine bekannt. Bis jetzt weiß man von keiner ORF-Sendung, die wegen eines Coronafalles ausfiel, ja nicht einmal „Tirol Heute“ nach dem großen Ischgl-Exodus. Die „ZiB 2“ lädt ihre Gäste wieder ins Studio ein, bei „Im Zentrum“ debattieren die Teilnehmer wieder vor Ort. Von Isolationsbereichen hört man nichts mehr. Warum sind die Regeln bei der leichten Unterhaltung strenger als bei den ersten Nachrichten? Vielleicht weil es am Ende doch heißt: „The show (nicht ,the news') must go on.“

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