Krieg im Kaukasus

Berg-Karabach: Weitere Behauptungen über Syrer als Kämpfer für Aserbaidschan

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Berichte von „Quellen" innerhalb Syriens nähren den Verdacht, die Türkei schicke Aserbaidschan Söldner für den Kampf gegen Armenien. Dementis aus Ankara und Baku.

Die Berichte über fremde Söldner vor allem aus Syrien, die auf der Seite der aserbaidschanischen Armee im Kampf um die Region Berg-Karabach im Einsatz sind und von der Türkei „vermittelt" worden sein sollen, häufen sich weiter: Die Türkei hat nach Angaben von Quellen in Syrien Milizionäre aus dem Bürgerkriegsland für den Einsatz im Kaukasus rekrutiert. Diese ließen sich aus finanziellen Gründen anheuern, berichtete ein „Aktivist" aus einem von Regierungsgegnern kontrollierten Gebiet des Landes, der ungenannt bleiben wollte. Es seien vor allem "verzweifelte Kämpfer" - was er damit meinte, ist unklar, vermutlich geht es um ihre persönliche wirtschaftliche Lage, die ihnen keine andere Erwerbsmöglichkeit bietet.

Die Männer bekämen von der Türkei umgerechnet etwa 1300 bis 1700 Euro) im Monat, sagte ein anderer syrischer Aktivist; das ist in der Region sehr viel Geld. Die Angaben ließen sich allerdings zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Die Türkei steht in der Konfliktregion im Südkaukasus an der Seite des moslemischen Landes Aserbaidschan. Ankara dementierte die Vorwürfe. "Wir weisen das kategorisch zurück", sagte ein Regierungsvertreter.

Die Regierung Aserbaidschans in Baku hatte frühere Berichte über den Einsatz syrischer und etwa auch libyscher Söldner ebenfalls zurückgewiesen. Der Sprecher der mit der Türkei verbündeten oppositionellen Syrischen Nationalarmee, Yousef Hamoud, erklärte, Berichte über syrische Kämpfer in Aserbaidschan seien falsch.

Die Sultan-Murad-Division

Den sogenannten Aktivisten zufolge kommen die für den Kaukasus rekrutierten Kämpfer aus syrischen Rebellengruppen, die eng mit der Türkei zusammenarbeiten. Dazu zählt die Sultan-Murad-Division, eine bewaffnete Gruppe turkmenischer Syrer. Aus deren Umfeld indes hieß es kürzlich, es seien 50 ihrer Kämpfer im Raum Berg-Karabach gefallen.

Im syrischen Bürgerkrieg unterstützt Ankara Rebellen, die gegen die Regierung unter Präsident Bashar al-Assad kämpfen. Türkische Truppen kontrollieren zudem gemeinsam mit lokalen Verbündeten Gebiete im Norden Syriens. Die Türkei steht auch im Verdacht, syrische Kämpfer für den Bürgerkrieg in Libyen rekrutiert zu haben.

Die jetzigen Angaben der Aktivisten decken sich mit Informationen aus anderen Quellen und Medienberichten. So hatte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die in London ansässig ist, Ende September erklärt, mehr als 800 Syrer seien über türkische Sicherheitsfirmen nach Aserbaidschan geschickt worden. Es handle sich um "erfahrene Kämpfer" aus der Region um die Städte Idlib und Aleppo im Nordwesten Syriens, sagte der Leiter der oppositionsnahen Stelle, Rami Abdel Rahman. Er bezieht seine Angaben über ein Netz von Informanten in Syrien, ist aber nicht unumstritten.

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Die britische Zeitung "Guardian" zitierte jüngst einen Syrer, er sei mit einem türkischen Militärflugzeug nach Aserbaidschan gebracht worden und dort nun an der Front. Der angeblich 23-Jährige aus Idlib flog demnach im September als Teil eines Kontingents von 1000 Syrern in den Kaukasus.

In Sozialen Medien trauerten zuletzt Syrer offen über Landsleute, die im Konflikt zwischen dem christlichen Armenien und dem moslemischen Aserbaidschan getötet worden sein sollen. Eine Person bestätigte der Deutschen Presse-Agentur zunächst, einer seiner Cousins seit dort gestorben. Später widerrief er aber die Aussage und erklärte, es habe sich um einen Irrtum gehandelt.

Kommt Armeniens Diaspora zu Hilfe?

Auch nach französischen Angaben benützt Aserbaidschan syrische Söldner, typischerweise Dschihadisten. Präsident Emmanuel Macron sprach in der vergangenen Woche von einer "sehr ernsten Sache". Umgekehrt hieß es allerdings am Wochenende aus Baku, dass Armenien kampfeswillige Mitglieder aus der armenischen Diaspora in vielen Ländern aufnimmt und militärisch einsetzt oder einzusetzen plant; diesbezüglich seien sogar schon Flüge organisiert worden. Als Herkunftsländer genannt wurden etwa Russland, Georgien, der Libanon und Griechenland; diese Leute seien Söldner.

Die Region Berg-Karabach wird von Armenien kontrolliert, liegt aber als Enklave im Territorium Aserbaidschans; zudem kontrollieren armenische Truppen seit vielen Jahren die nahe Umgebung des Gebietes, also an sich aserbaidschanisches Land.

(APA/DPA)

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