Die neue Jury liebt die Innerlichkeit – und überrascht: In ein Meer von (autobiografischem) Leid, aber auch in Mythen und Natur taucht die Lyrik der neuen Nobelpreisträgerin, der 77-jährigen Amerikanerin Louise Glück.
Und wieder hießen die weiblichen Favoriten Margaret Atwood, Anne Carson, Maryse Condé, Ljudmila Ulitzkaja. Donnerstag um 13 Uhr dann die große Verdatterung: Louise Glück. 77, Englischprofessorin in Yale, Lyrikerin. Väterlicherseits Nachfahrin ungarischer, nach Amerika ausgewanderter Juden. Gewinnerin großer amerikanischer Literaturpreise, inklusive Pulitzer Prize, National Book Award. Im deutschsprachigen Raum so gut wie unbekannt. Vor über einem Jahrzehnt erschienen bei Luchterhand zwei Gedichtbände auf Deutsch, sie sind vergriffen, die Rechte abgelaufen, der Verlag bemühte sich bisher vergeblich, sie wieder zu bekommen. Schon vor der Nobelpreisnachricht.
Eines zumindest ist nun eindeutig: Die nach dem Skandal wegen sexuellen Missbrauchs im Umkreis der Akademie seit letztem Jahr neu organisierte und teilweisw neu besetzte Jury hat einen Hang zur Innerlichkeit. Die würdigte sie auch letztes Jahr an Olga Tokarczuk und Peter Handke – Pech nur, dass die Öffentlichkeit bei Letzterem die in Literatur gegossenen politischen Positionen auch nicht unwichtig fand.