Baustelle, Hausbau
Nachhaltigkeit

Klimaschonendes Bauen: Ideen für Häuslbauer und deren Baumeister

Die Nachfrage nach nachhaltigen Baumaterialien wächst auch im privaten Bereich. Die Industrie reagiert darauf mit neuen Produkten - vom zementfreien Beton bis zum klimapositiven Ziegel.

Schön langsam rücken auch andere drängende Themen neben Corona wieder in den Fokus. Zu den großen gehört dabei der Klimaschutz, und damit auch das Thema Nachhaltigkeit, das im Baubereich auf den unterschiedlichsten Ebenen ernst genommen wird. Und das nicht nur in diversen Nischen, sondern auch bei den großen, industriellen Baustoffanbietern wie der Zement- und Ziegelindustrie, die sich das Thema Klimaneutralität groß auf die Fahnen heften.

So ist die heimische Zementindustrie stolz darauf, „laut World Business Council for Sustainable Development mit 539 Kilogramm CO2 pro Tonne Zement in puncto CO2-Ausstoß weltweit die Nummer eins zu sein“, berichtet Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ). „Doch wir können noch mehr: aus CO2-effizientem Zement und mit moderner Betontechnologie wird CO2-effizienter Beton“, so Spaun. Einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leiste der Einsatz alternativer Energiequellen, die Bauteilaktivierung habe sich mittlerweile zum Heizen und Kühlen bei Gewerbebauten und in mehrgeschoßigen Wohnbauten etabliert.

»"Doch wir können noch mehr: aus CO2-effizientem Zement und mit moderner Betontechnologie wird CO2-effizienter Beton."«

Sebastian Spaun

Zementfreier Beton

Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist in Sachen Beton jetzt an der australischen RMIT Universität gelungen. Hier haben Forscher um Rajeev Roychand einen zementfreien Beton entwickelt, der Städten und Gemeinden Milliarden sparen helfen könnte und zudem noch aus Abfallprodukten gewonnen wird. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Sand, Flugasche und Schlacken aus Kohlekraftwerken sowie dem Bindemittel Calciumhydroxid – gelöschter Kalk –, die zu einem Material verarbeitet werden, das haltbarer ist als herkömmlicher Beton.

Klimapositiver Ziegel

Auch in der heimischen Ziegelindustrie ist man sich einerseits der Verantwortung bewusst, aber auch mit einem wachsenden Bedarf an klimaschonenden Produkten konfrontiert. „Diese werden sowohl von Häuslbauern als auch Baumeistern immer stärker nachgefragt“, berichtet Wienerberger-Marketingleiter Wilfried Lechner. Beantwortet wird diese Nachfrage seit Beginn der Jahres mit dem ersten nicht nur klimaneutralen, sondern klimapositiven Ziegel. „Diesen haben wir uns vom TÜV Nord zertifizieren lassen“, so Lechner.

»„Diese werden sowohl von Häuslbauern als auch Baumeistern immer stärker nachgefragt."«

Wilfried Lechner

Erreicht wird dieses Prädikat mit einem Bündel aus drei verschiedenen Maßnahmen: „Zum einen fußt unsere Drei-Säulen-Strategie auf der österreichweiten Verwendung von Ökostrom an unseren zehn Standorten. Dann sparen wir durch den Einsatz neuer Wärmepumpen etwa in unserem Werk in Uttendorf bis zu 80 Prozent CO2-Emissionen ein“, so Lechner. Und als zusätzliche Kompensation unterstützt der Konzern zwei internationale Klimaschutzprojekte in Indien und Pakistan.

Kleine Schritte

Für Bernhard Lipp, Geschäftsführer des Österreichischen Instituts für Bauen und Ökologie (IBO) sind all diese Entwicklungen zwar Schritte in die richtige Richtung, „aber nur kleine Schritte“, wie er bedauert. Zwar sei es erfreulich, dass auch bei den Baustoffen Bewegung in Sachen weniger Chemie und mehr Recycling zu sehen sei, allerdings würden viele Aspekte noch viel zu wenig beachtet. „Unter anderem macht man sich noch immer zu wenig Gedanken über das Ende des Lebenszykluses von Gebäuden“, benennt er ein Thema, das mehr Aufmerksamkeit verdiene, wenn es um nachhaltiges Bauen geht. „Da sind viele immer noch überrascht, was ein Abriss kostet, weil so viele Materialien entsorgt werden müssen“, so der Experte.

»"Da sind viele immer noch überrascht, was ein Abriss kostet, weil so viele Materialien entsorgt werden müssen."«

Bernhard Lipp

Nachwachsende Rohstoffe

Dem einzelnen Bauherren, der mit einem durchschnittlichen Budget so nachhaltig wie möglich bauen möchte, legt Lipp daher zunächst einmal ans Herz, schon bei der Planung auf eine schlanke Konstruktion und damit einen kleinen Fußabdruck zu achten. „Das beginnt damit, sich wirklich zu überlegen, was man braucht“, betont er – um dann entsprechend keine unnötigen Materialien einzusetzen. Bei den notwendigen Baustoffen ist es dann sinnvoll, auf nachhaltige Alternativen zu setzen. So seien etwa bei Holzbauten Zellulose oder Holzfaserdämmplatten sinnvoll, gute Dämmstoffe genau wie mineralische Dämmstoffe für Häuser aus Ziegel oder Beton. Auch Hanf, Flachs und Stroh sind gute Alternativen – sie müssen nur genutzt werden. „Die nachwachsenden Rohstoffe sind alle da“, betont Lipp – und lässt das Argument, dass es aber schwer sei, gute Handwerker zu finden, die diese Materialien auch verarbeiten können, nicht gelten. „Gute Handwerker zu finden, ist immer schwer – egal für welches Material.“ (SMA)

Tipp 1

Tipp 2

Tipp 3

Was Sie beachten sollten beim . . . Nachhaltigen Bauen und Wohnen

Genau rechnen.
Alternative Materialien sind oft kostenintensiver – es lohnt sich aber ein genauer Blick. Denn Material macht maximal die Hälfte der Kosten aus. Für den vielleicht 20-prozentigen Aufpreis auf die Hälfte der Kosten zahlt man am Ende des Lebenszyklus' eines Gebäudes deutlich weniger – ganz zu schweigen von der Lebensqualität dazwischen.

Gut recherchieren.
Gütesiegel gibt es viele – allerdings ist nicht immer alles grün, was glänzt. Einen sinnvollen Überblick gibt die natureplus-Datenbank www.natureplus.org, in der ausführliche technische und ökologische Informationen und Prüfergebnisse zu 600 Produkten für Planer, Handwerker und Verbraucher abgerufen werden können.

Gelder finden.
Für die Mehrkosten nachhaltiger Baumaterialien lassen sich diverse Förderungen finden:
www.umweltberatung.at/themen-bauen-foerderung

► www.oesterreich.gv.at/themen/bauen–wohnen

► www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/foerderungen/finden

> > Mehr Tipps unter:
www.diepresse.com/immobilien

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