Falthandy

Samsung Galaxy Z Fold 2: Der Verwandlungs­künstler im Test

Samsung hat in der zweiten Version seines übergroßen Falthandys deutlich nachgelegt. Die frühen Kinderkrankheiten wurden beseitigt, noch ist aber nicht alles perfekt.

Mit dem ersten iPhone 2007 war es vorbei mit kreativen Handydesigns. Aufklappen, Aufschieben, Drehen konnte man sie damals noch. Besonders die finnischen Entwickler bei Nokia zeigten Mut und trieben die Entwicklungen teils auf die Spitze. Unvergessen der Lippenstift (Nokia 7280), die Banane oder das Nokia 5510 um nur ein paar Highlights zu nennen. Dann kam Apple und ebnete den Weg für die heute hinlänglich bekannten Smartphones. Die Hersteller adaptierten das Design, führten dabei jahrelang dann Gerichtsstreit mit Apple über Geschmacksmusterverletzungen. Ungeachtet dessen lieferte das iPhone eine Dekade lang die erfolgreiche Design-Schablone: Rechtecke mit abgerundeten Kanten. Mit den faltbaren Smartphones ist uns nun endlich wieder ein bisschen Abwechslung gegönnt. Dass die Geräte Potenzial haben, beweist Samsung mit dem Galaxy Z Fold 2.

Nach dem holprigen Start des Galaxy Fold, war beim Nachfolger kein Platz für Fehler. Zu viele wurden bei der ersten Version bereits gemacht. Der vorschnelle Launch hat sich jäh gerächt. Vernichtende Testberichte, falsch verwendete Geräte und ein Konstruktionsfehler im Scharnier drohten Samsungs ambitionierte Pläne im Keim zu ersticken.

Man schickte die Entwickler zurück ans Reißbrett, es wurde überarbeitet, neu konzipiert und aus Fehlern gelernt. Das hat seinen Preis. 2000 Euro werden von Samsung für das Falthandy veranschlagt. "Die Presse" hat das Gerät getestet.

Wir haben das Galaxy Z Fold 2 einem intensiven Langzeittest über mehrere Wochen unterzogen. Dabei waren folgende Fragen relevant: Wie schlägt es sich in der Praxis? Wie groß ist der Bedarf, jederzeit auch ein Tablet bei der Hand zu haben? Und zu guter Letzt: Ist das Handy tatsächlich 2000 Euro wert?

"Verspielt feminin" versus "busy, busy, busy"

Zwei Formate hat Samsung schon auf dem Markt. Mit dem Galaxy Z Fold, das sich vertikal falten lässt, spricht man definitiv eine andere Zielgruppe an, als mit dem Z Flip. Das an ein Puderdöschen erinnernde Device hat so gar nichts mit dem Prügel der aktuell vor uns liegt, zu tun. Mit dem Z Fold 2 soll gearbeitet werden und das so angenehm wie möglich.

Die Presse/Barbara Steinbrenner

Beim Design hat sich im Vergleich zum Vorgänger wenig geändert. Im gefalteten Zustand erinnert es nach wie vor an den Nokia Communicator aus den 1990ern. Da hört es dann aber mit den Ähnlichkeiten auch schon wieder auf. Das kleinere Display mit doch noch beachtlichen 6,2 Zoll lädt ein, Anrufe, SMS/WhatsApp, deren Beantwortungen und regelmäßige Blicke auf die Uhr darüber zu erledigen. Alles andere wird schnell zur Aufgabe des großen Displays. Nicht, weil es notwendig wäre, sondern weil es möglich ist. Samsung, beziehungsweise das Z Fold 2 leistet hier erstaunlich gute Überzeugungsarbeit. Nach nur wenigen Tagen will man die Tablet-Funktion nicht mehr missen und fragt sich sogar, wie man so lange ohne auskommen konnte. Die Funktionen sind durchdacht und so konzipiert, dass man sie nicht lange suchen muss und alles leicht von der Hand geht. So auch das Schreiben von längeren E-Mails, dank der geteilten Tastatur.

Fleißig bei der Arbeit, ein Eyecatcher unterwegs

Der Morgen beginnt wie gewohnt: Zeitung lesen (über die Apps), Twitter und Kaffee. Das 7,6 Zoll große Display weiß zu gefallen. Die Nachrichten sind groß, übersichtlich und angenehm zu lesen. Selbst längere Texte ermüden die Augen weniger schnell als am Handy. Schnell wird es zur Gewohnheit, parallel eine zweite und dritte App zu öffnen. Hier wäre schön, wenn sich alle Apps im Multi-Windows-Modus öffnen lassen könnten. Die Auswahl ist noch recht überschaubar und auch die Anpassungs- und Verschiebemöglichkeiten sind leicht eingeschränkt. Drei Apps parallel funktioniert noch gerade so. Über die vorinstallierte Samsung-Notes-App, die man schon vom Stifthandy kennt, kann man sich nebenbei Notizen machen.

Die technische Ausstattung ist am Puls der Zeit. Als Prozessor dient der Qualcomm Snapdragon 865 Plus. Dem zur Seite stehen beachtliche 12 Gigabyte RAM (Arbeitsspeicher). Rechenkraft, die so manchen Laptop neidisch werden lässt. In die Knie zwingen ließ sich das Gerät erwartungsgemäß nicht. Selbst der Akku schafft einen langen, ausgiebigen Arbeitstag ohne Probleme. In der Nacht sollte das Gerät aber an den Strom. Moderate Nutzer werden wohl auch zwei bis drei Tage schaffen.

Nach dem Note-20-Test fiel aber schnell die Absenz eines Stiftes auf. Der muss doch da irgendwie noch Platz finden, meint man.

Bei der Arbeit schlägt sich das Z Fold 2 tadellos. Der Wechsel zwischen falten und entfalten funktioniert ohne Verzögerungen. Apps, die am kleinen Bildschirm geöffnet werden, entfalten sich am großen und setzen dort fort, wo man aufgehört hat.

Der Fingerprintsensor ist nicht im Display, sondern seitlich im Power-Button integriert. Sony macht das bei seinen Xperia-Geräten schon länger. Dort funktioniert es deutlich besser als bei Samsung. Wer hier nicht punktgenau landet, hat verloren. Die Scanfläche ist definitiv zu klein geraten. Oftmals führt es dazu, dass man ausgesperrt wird und die alternative Entsperrmethode verlangt wird. Diese sollte man daher auf keinen Fall vergessen, ansonsten bleibt nur noch der Weg über das komplette Zurücksetzen auf Werkszustand. Im Prinzip ist der Fingerprintsensor ein nettes, aber unnötiges Gimmick, auf den man von vornherein verzichten kann.

Ein gewichtiger Verrenkungskünstler

Die Presse/Barbara Steinbrenner

Das Z Fold 2 lässt sich nunmehr auch in verschiedenen Positionen nahtlos arretieren. Das ermöglicht einige Nutzungsszenarien und hat auch den Vorteil, dass beim Schießen von Selfies die Hauptkamera genutzt werden kann. Diese ist wie beim Note 20 turmartig aufgebaut und beherbergt gleich drei Kameras, mit je 12 Megapixel (Weitwinkel, Ultraweitwinkel und Tele). Aber auf eine Selfiekamera muss nicht verzichtet werden. Diese löst mit zehn Megapixel auf.

Die Presse/Barbara Steinbrenner
Die Presse/Barbara Steinbrenner

Ein Manko ist sicherlich das Gewicht. Stolze 282 Gramm bringt es auf die Waage, was so viel wie 5 Eiern oder knapp einer Mango entspricht. Zum direkten Vergleich: Das iPhone SE wiegt 148 Gramm, das Note 20 192 Gramm. Im gefalteten Zustand macht sich das deutlicher bemerkbar als im Tablet-Modus. Es ist gut ausbalanciert, liegt angenehm in der Hand, auch bei längerer Nutzung.

Die Presse/Barbara Steinbrenner
Die Presse/Barbara Steinbrenner

Der Klang der Dual-Lautsprecher ist beim Schauen von Filmen oder Musik hören mehr als in Ordnung. Telefonieren erweist sich im Tablet-Modus als unpraktisch und zugleich stilistischer Fehltritt. Auch die Bildschirmauflösung lässt nicht viele Wünsche offen. Auf dem 7,6 Zoll großen Display quetschen sich 1768 x 2208 Pixel, wodurch sich eine Pixeldichte von 373 ppi (Pixel pro Inch) ergibt.

Im Urlaub quer durch Österreich musste das Samsung-Handy unter neugierigen Blicken seine Kameraqualitäten unter Beweis stellen. Für so manchen Touristen wurde auf Nachfrage das Handy mehrmals auf- und zugeklappt. Immer begleitet von skeptischen Blicken.

Die Schutzfolie mit unerwünschtem Extra

Die Presse/Barbara Steinbrenner

Können Sie sich noch an diese selbstklebende Buchfolie aus Schultagen erinnern? Das Einbinden der Bücher ohne Falten und Bläschen hinzubekommen, war schier unmöglich. Samsung scheint ebenso seine Probleme zu haben. Nach einigen Wochen tauchte das erste Bläschen direkt bei der Falte auf. Gefolgt von einigen weiteren.

Mit vorsichtigem Schieben an den Displayrand bekommt man sie wieder weg. Am besten mit einem Tuch, denn das faltbare Display ist sensibel. Mit scharfkantigen Gegenständen wie Schlüsseln oder gar Fingernägeln darf man dem Fold 2 nicht beikommen. Auch Wasser scheut das 2000-Euro-Handy.

Fazit

Samsung hat beim Galaxy Z Fold 2 äußerlich wenig verändert. Die Kamera-Aussparung ist jetzt nur noch ein kleines Loch. Insgesamt wirkt es geradliniger und edler. Damit hat es sich dem Preis von knapp 2000 Euro auch äußerlich angepasst.

Ein integrierter S Pen wäre noch das Sahnehäubchen. Eine Abnehmkur, die das Gewicht auf ein Normalmaß bringt, wird noch länger auf der Wunschliste bleiben, ebenso wie ein robusteres Display. Auch, wenn man in der täglichen Nutzung von der sensiblen Ader wenig mitbekommt. Die Falte in der Mitte ist nicht so omnipräsent wie noch beim Vorgänger, aber verständlicherweise noch immer spürbar.

Die Südkoreaner sind auf dem richtigen Weg. Das Z Fold 2 ist ein gelungenes Produkt, das sicher Käufer trotz des Preises anspricht.

Galaxy Z Fold 2 - Die technische Ausstattung

Display
Hauptdisplay: 19,27 cm / 7,6'' QXGA+ Dynamic Amoled Display (3,2:4) Infinity Flex Display (2.208 x 1.768), 373ppi
Frontdisplay: 15,81 cm / 6,2'' HD+ Super AMOLED Display (25:9), 2.260 x 816, 386ppi
Abmessungen
Gefaltet: 68,0 x 159,2 x 16,8 mm, ca. 279g
Geöffnet: 128,2 x 159,2 x 6,9 mm

Triple Kamera: 12 MP Ultraweitwinkel Kamera: F2.2, FOV : 123˚
12 MP Weitwinkel Kamera: Super Speed Dual Pixel AF, OIS, F1.8, FOV: 83˚
12 MP Telekamera: AF, F2.4, OIS, FOV: 45˚
Dual OIS, 0.5x und 2x optischer Zoom, bis zu 10facher digital Zoom, HDR10+ Aufnahmen, Verfolgungs-AF
Prozessor: 7nm 64-bit Octa-Core Processor (3.09 GHz + 2.40 GHz + 1.80 GHz)
Speicher: 12 GB RAM mit 256 GB internem Speicher
Akku: 4.500 mAh (typisch) Doppelakku
25 W Schnelladen1 und 15 W Induktives Laden unterstützt
Betriebssystem: Android 10.0
Konnektivität2: 5G, LTE, WLAN 802.11 a/b/g (2,4 GHz)
Wi-Fi 4, 5, 6 (2,4 GHz + 5 GHz), HE80, MIMO, 1024-QAM
SIM-Karte: eSIM, Nano (4FF)

Compliance-Hinweis

Das Galaxy Z Fold 2 wurde uns von Samsung zu Testzwecken zur Verfügung gestellt.

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