Causa Hypo: 300 Millionen Euro entzogen?

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Laut der "CSI Hypo" sollen unter anderem frühere Manager und Geschäftspartner der Hypo Alpe Adria mehr als 300 Mio. Euro entzogen haben. Auch die Bayerische Landesbankprüft nun weitere Schadenersatzforderungen.

Wien.  Die von Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) eingesetzte „CSI Hypo“ hat bislang einen mutmaßlichen Schaden von über 300 Mio. Euro entdeckt. Das Geld soll der Bank unter anderem durch frühere Manager und Geschäftspartner entzogen worden sein, hieß es am Montag aus dem Umfeld der CSI Hypo zur „Presse“.

Dazu wurden bereits 60 bis 70 Anzeigen eingebracht – ein Teil davon gegen den früheren Hypo-Chef Wolfgang Kulterer. Über den Banker wurde am Sonntagabend die Untersuchungshaft verhängt. Gegen ihn wird wegen Betrugs, Untreue und systematischer Misswirtschaft bei der Kreditvergabe ermittelt. Kulterer bestreitet alle Vorwürfe. Die Justiz hat noch 40 weitere Beschuldigte im Visier. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Der Schaden von 300 Mio. Euro dürfte aber nur die Spitze des Eisberges sein. Bislang nahm die CSI Hypo in erster Linie brisante Geschäftsfälle aus der Zeit vor der Übernahme durch die Bayerische Landesbank (BayernLB) im Jahr 2007 unter die Lupe.

In den nächsten Monaten wollen sich die Ermittler auch die Osteuropa-Expansion der Hypo unter der Leitung der BayernLB ansehen– insbesondere das Wachstum in der Ukraine und am Balkan.

Mehrere Ermittlerteams

Im vermutlich größten Bankenskandal Österreichs sind mehrere Ermittlerteams tätig. Die CSI Hypo wird vom Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, koordiniert und juristisch geleitet vom Grazer Wirtschaftsanwalt Guido Held. Die CSI leistet die Basisarbeit und durchforstet in der Bank alle wichtigen Geschäftsfälle. Bei Verdacht auf Missstände werden die Staatsanwaltschaft und die vom Innenministerium eingesetzte „Soko Hypo“ eingeschaltet. Ob die Hypo einen Teil der mutmaßlich entzogenen 300 Mio. zurückbekommen wird, ist fraglich. Denn der Großteil des Geldes ist in einem Gewirr von Stiftungen und Anstalten, die sich meist im Ausland befinden, verschwunden. Erhärten sich die Verdachtsmomente, will das Institut jedenfalls gegen frühere Führungskräfte und Geschäftspartner Schadenersatzklagen einbringen.

Der neue Hypo-Chef Gottwald Kranebitter sagte, er bemühe sich, jeden Cent, der der Bank widerrechtlich entzogen wurde, zurückzubekommen. Doch auch für den Freistaat Bayern ist das Thema Hypo Alpe Adria noch nicht abgeschlossen. Sollten sich die gegen Kulterer und andere frühere Manager erhobenen Vorwürfe bewahrheiten, dann steigen die Chancen auf Schadenersatz, heißt es in München.

Denn die jetzt bekannt gewordenen Vorfälle seien vor der Übernahme der Hypo durch die BayernLB passiert. Damit erhärtet sich der Verdacht, dass beim Kauf der Kärntner Bank Wichtiges vorenthalten worden sei. Die BayernLB beauftragte die Wiener Anwaltskanzlei Binder-Grösswang wegen der Hypo, Schadenersatzansprüche zu prüfen. „Wir haben mit der Hypo mehr Geld versenkt als die Österreicher“, sagt Sepp Dürr, der für die Grünen im BayernLB-Untersuchungsausschuss des Münchner Landtags sitzt. Während Österreich die Rettung der Hypo bislang 1,6 Mrd. Euro gekostet hat, setzte die BayernLB mit der Kärntner Bank 3,7 Mrd. Euro in den Sand.

Der Anwalt von Kulterer, Wolfgang Lanker, ortet in der Verhaftung seines Mandanten indes politische Motive. Die Vorgangsweise sei „skandalös“, so der Anwalt zur „Presse“. Kulterer sei Teil einer aktuellen politischen Auseinandersetzungen geworden. Parteipolitische Vorwürfe gegen die Justiz und die verantwortliche Justizministerin wegen Untätigkeit und schonenden Verhaltens in mehreren Fällen wie Grasser, Hypo Niederösterreich und Meischberger sollten durch einen schnellen Zugriff in der Causa Hypo überlagert werden.

Anwalt: „Keine Fluchtgefahr“

AUF EINEN BLICK

Bei den am Freitag bei Kulterer durchgeführten Hausdurchsuchungen sei laut Lanker „kein einziges neues Beweismaterial“ vorgefunden worden. Auch die nunmehrigen Vorwürfe gegen seinen Mandanten seien nicht neu. Unbegründet sei auch die Annahme von Fluchtgefahr als Haftgrund. Der Justiz sei laut Lanker bekannt gewesen, dass Kulterer seinen beruflichen Schwerpunkt durch eine Übersiedelung seines Büros nach Wien geplant habe. Ein entsprechender Mietvertrag sei bereits abgeschlossen worden. Zudem habe der ehemalige Hypo-Chef mit den Behörden in vollem Umfang kooperiert.■Die von Finanzminister Prölleingesetzte „CSI Hypo“ hat bislang einen mutmaßlichen Schaden von 300 Mio. Euro entdeckt. Allerdings sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen. Der Anwalt von
Ex-Bankchef Wolfgang Kulterer bestreitet alle Vorwürfe gegen seinen Mandanten. Er ortet in der Verhaftung politische Motive. Es gebe keine Fluchtgefahr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2010)

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