Skisport

Die unsichtbare Verletzung

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Mikaela Shiffrin spricht über den Tod des Vaters, ihre Gedanken ans Aufhören und erzählt, wieso Skifahren manchmal befreiend und manchmal das schlimmste Gefühl sein kann.

Geschichten des Jahres. Dieser Artikel ist am 10. Oktober 2020 erschienen.

Mikaela Shiffrin und ihre Mutter, Eileen, stehen in einer Warteschlange auf dem Flughafen München, sie zittern, sie halten einander die Hände, der Schock steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Shiffrin fuhr gerade Skirennen in Europa, nun wollen sie schnellstmöglich nach Hause in die USA, wo Vater und Ehemann Jeff Shiffrin nach einem Unfall im Sterben liegt.

Zufällig im selben Flugzeug sitzt Bode Miller. Er weiß nichts von der sich anbahnenden Tragödie, kommt wortlos näher und umarmt Mikaela. So erzählte es Mutter Eileen der „New York Times“. Wenige Stunden nach ihrer Ankunft am 2. Februar im Krankenhaus in Denver stirbt Jeff Shiffrin. Ein Unfall zu Hause, eine Kopfverletzung, mehr hat die Familie nicht kommuniziert.

Mikaela Shiffrin fuhr seither kein Skirennen mehr. Den vierten Gesamtweltcupsieg in Folge – bis zu ihrer Auszeit hatte sie überlegen geführt – schrieb sie ab, eine Rückkehr auf die Rennpisten im März in Are vereitelte die einsetzende Coronapandemie.

Am Samstag fällt in Sölden der Startschuss zur neuen Weltcupsaison. Für Shiffrin sollte das erste Rennen des Winters eine Art Wiedergeburt werden, Sölden sollte zeigen, ob sie nicht nur bereit ist, sich aus dem Starthaus zu stürzen, sondern auch wieder zu siegen. Auch daraus wird nichts. Noch laboriert die 25-Jährige an Rückenschmerzen, ein letzter kleiner Rückschlag auf dem Weg zurück. Ins Ötztal will sie aber kommen – zum Anfeuern.

Auch Vater Jeff war öfter hier. Ein ehemaliger Rennläufer und angesehener Anästhesist, der sich im Weltcup stets im Hintergrund hielt, ein stiller Förderer, der mehr Stolz im bescheidenen Auftreten seiner Tochter fand als in deren Trophäen. Was aber passiert mit einer jungen Athletin, wenn ihre Passion, der Skisport, in dem sie die Beste der Welt ist, so sehr mit einem Menschen verbunden ist, der plötzlich nicht mehr da ist?

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