Pflanzen und mehr

Dschungel in der Großstadt

Christian und Miriam Cervantes in ihrem „Calienna“ in der Neubaugasse.
Christian und Miriam Cervantes in ihrem „Calienna“ in der Neubaugasse. (c) Mirjam Reither
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Die Berufsumsteiger Miriam und Christian Cervantes wollen mit ihrem „Calienna“-Store die Menschen inspirieren. Mit viel, viel Grün.

Ich glaube nicht“, sagt Christian Cervantes, „dass wir einen besseren Standort hätten finden können“ – und da kann man ihm wahrlich schwer widersprechen: Denn wo, wenn nicht in der Neubaugasse im grün-affinen Siebenten würde man ein Geschäft wie das „Calienna“ suchen und finden, das Miriam und Christian Cervantes eben eröffnet haben?

Wobei „Geschäft“ kein wirklich passender Begriff dafür ist, was das Calienna – der Name setzt sich aus „California“ und „Vienna“ zusammen – sein möchte. Der erste Eindruck: Ein kleiner Dschungel, mitten in der Stadt. Mit Hunderten Pflanzen, großen, kleinen, Palmen, Kakteen, Glücksfedern, Sukkulenten und vielen mehr haben die Tirolerin und der Amerikaner den Verkaufsraum im Erdgeschoß gefüllt. Ein Blumengeschäft also? Durchaus.

Aber nicht nur. Gleich rechts beim Eingang gibt es eine Kaffeebar, und wer sich (mit oder ohne Kaffee) durch den kleinen Dschungel linkerhand begibt, findet nicht nur Tischchen und Hocker zum Platz nehmen, sondern auch Blumentöpfe, Gießkannen und eine Auswahl an Büchern. Solche, die sich der Natur widmen (darunter „Nature“ von Ralph Waldo Emerson), der Pflanzenpflege, der Gartenkunst. Aber auch Lektüre, die einen über den eigenen Lebensstil reflektieren lassen will, zuweilen mit Titeln („Dein Hindernis ist dein Weg“), die für manche wohl nicht ganz unesoterisch klingen.

Ihr eigener, früherer Lebensstil war es auch, der die beiden zu einem kompletten Berufsausstieg gebracht hat. Jahrelang waren sie in großen Agenturen in New York tätig, er als Creative Director, sie als Brand Strategist. „Das war eine Zeit lang auch sehr lustig“, sagt Miriam Cervantes. „Aber auch anstrengend.“ New York „ist eine großartige Stadt. Wenn man jung ist, gibt es keinen besseren Ort, aber wenn man älter wird, ändern sich die Werte, man sucht andere Dinge.“

Es gibt da dieses Zitat, sagt Christian Cervantes, „dass man die Karriereleiter hinaufklettert, um dann oben festzustellen, dass die Leiter an der falschen Mauer lehnt. Genauso haben wir uns gefühlt.“ Die beiden zogen zunächst nach London, wo sie in ähnlich stressigen Jobs weiterarbeiteten, nebenbei aber ihre Liebe für Pflanzen entdeckten. „Wir haben neben dem großartigen Victoria Park gelebt und jede freie Minute dort verbracht“, sagt Christian Cervantes. „Miriam hat sich dann in den Blumenmarkt an der Columbia Road verliebt.“ Immer mehr Pflanzen zogen bei ihnen ein, „das Pflegen, das Umtopfen, das hat uns wirklich geerdet“, sagt Miriam Cervantes. Sie begann nebenher bei einem Floristen zu arbeiten, um sich Wissen über Pflanzen anzueignen, langsam entwickelten die beiden den Plan für ihr neues Leben und das Konzept für das, was sie nun im „Calienna“ in Wien verwirklicht haben.

Wer will, kann das „Calienna“ schlicht als Blumen- und Buchgeschäft sehen. „Manche kaufen fünf Bücher und sehen die Blumen fast nicht. Andere fragen sehr konkret nach einer Philodendron Pink Princess.“ Die Pflanzen verstehen die zwei aber auch als „Metapher für Wachstum“. Wer sich auf das Konzept des Paares einlässt – ins Gespräch kommt man mit den beiden sehr schnell –, wird das „Calienna“ vielleicht auch als Ort der Inspiration für einen neuen Lebensweg verstehen, als Ort „der Energie, gerade in einer so negativen Zeit wie der jetzigen“.
Das schönste Kompliment, sagt Miriam Cervantes, war das einer Kundin, die meinte: „Dieser Ort ist wie Therapie.“

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