Der Ex-Parteichef will seine Nachfolger bei der FPÖ ersetzen, um eine „gemeinsame freiheitliche Familie sicherzustellen“. Deren neuer Obmann Nepp hält dagegen: Zu einer Versöhnung gehöre Buße.
„Es ist wie im Sport“, sagt Heinz-Christian Strache. Man müsse „abwarten, bis man über die Ziellinie gekommen ist“. Erst danach gelte es, das Ergebnis zu bewerten. Umgelegt auf die aktuelle Situation des früheren FPÖ-Bundesparteichefs und nunmehrigen Listenersten des „Team HC Strache" bedeutet das: Warten auf das offizielle Endergebnis der Wiener Gemeinderatswahl. Dieses könnte ihm - genauer gesagt die Briefwahlstimmen, die derzeit ausgewertet werden - noch ein kleines Plus verschaffen. Dass es für den Einzug in den Landtag reicht, gilt als unwahrscheinlich.
Aber: In einigen Bezirksparlamenten dürfte seine Liste vertreten sein. Der Mandatsprognose des Instituts Sora zufolge dürfte das in 16 aller 23 Bezirke der Fall sein - etwa in Favoriten, der Donaustadt und in Floridsdorf, und auch in Straches Heimatbezirk, Landstraße. Strache könnte dort dann als Bezirksrat tätig werden. Ob der einstige Vizekanzler das vorhat, ist offen. „Wir haben da noch gar nichts beratschlagt", meint der Generalsekretär des Teams, Christian Höbart. Man wisse noch nicht, wo es wie viele Mandate geben werde.
Geliebäugelt hatte Strache bis zuletzt mit einem „Erdbeben“ in Richtung Zweistelligkeit. „Wie Phönix aus der Asche“ wollte er nach dem publik gewordenen Ibiza-Video, der aufgekommenen Spesenaffäre, seinem Aus als FPÖ-Chef und dem Parteiausschluss, wieder aufsteigen. „Natürlich wäre es schön und erfreulich, wenn vielleicht noch ein politisches Wunder gelingt“, gab er sich am Wahlabend gegenüber „Kronen Zeitung“ und „Puls 4“ kämpferisch.
Sollte es dennoch nicht reichen - und Strache nicht Bezirksrat werden (wollen) -, hat er jedenfalls einen Plan parat: „Ich habe im letzten Jahr begonnen, als Unternehmer tätig zu sein, und ich werde auch weiterhin als Unternehmer tätig sein.“ Ob das dann auch bedeute, dass er bundespolitisch jegliche Ambitionen an den Nagel hängt, wollte er nicht bestätigen: „Darüber werden wir philosophieren, wenn das Endergebnis daliegt."
Nepp: Keine „Buße“ von Strache gesehen
Wie es zu dem Debakel kommen konnte, dafür hatte Strache indes bereits eine Erklärung parat: „Die Wählerinnen und Wähler haben immer recht. Und das, was man da erleben musste von meinen Nachfolgern und einer FPÖ-Spitze, die eiskalt und herzlos die Spaltung herbeigeführt hat, die ich nicht wollte - denn ich wollte einen gemeinsamen Weg, ich wollte, gemeinsam auch in die Wien-Wahl hineingehen und dann ist der Ausschluss gekommen -, das hat viele Menschen nicht nur verletzt, sondern auch vor den Kopf gestoßen.“ Seine Nachfolger hätten „die freiheitliche Familie wirklich nachhaltig zerstört“. Sie gehörten ersetzt, dann könnte „am Ende eine gemeinsame freiheitliche Familie wieder sichergestellt“ werden, „die sich viele wünschen“, wie Strache meinte.
Sein Nachfolger in Wien, Dominik Nepp, sieht das freilich anders. Er betonte im ORF, dass die „schmerzlichen Verluste“, die man einstecken musste (die FPÖ fiel von mehr als dreißig auf unter zehn Prozent) jedenfalls auf den Vertrauensverlust aufgrund der von Strache verursachten „Ibiza-Affäre“ zurückzuführen seien. Auf die Frage, ob es zu einer Aussöhnung mit diesem kommen könnte, meinte Nepp: Zu einer Versöhnung gehöre „Buße“ und davon habe er von Strache bis dato nichts gesehen.
Zur Person
Heinz-Christian Strache, geboren am 12. Juni 1969 in Wien, zwei Kinder aus erster Ehe, ein weiteres aus der jetzigen, verheiratet. Er ist gelernter Zahntechniker. Ab 1991 Mitglied der Bezirksvertretung (Bezirksrat) von Wien-Landstraße, ab 1993 Bezirksparteiobmann der FPÖ Wien-Landstraße, 1996-2006: Wiener Landtags-Abgeordneter, 2004 Landesparteiobmann der FPÖ Wien, 2005-2019 FPÖ-Bundesparteiobmann, Dezember 2017 bis Mai 2019 Vizekanzler.
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