Giftanschlag

Fall Nawalny: EU bereitet Sanktionen gegen einzelne Russen vor

Alexander Schallenberg vor dem EU-Rat in Luxemburg.
Alexander Schallenberg vor dem EU-Rat in Luxemburg.REUTERS
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Es gebe Konsens, „Sanktionen gegen Einzelpersonen“ zu verhängen, die in Zusammenhang mit den Chemiewaffen stünden, sagt Österreichs Außenminister Schallenberg.

Die EU bringt nach dem Giftanschlag auf den Kreml-Kritiker Alexej Nawalny neue Russland-Sanktionen auf den Weg. Die Außenminister der EU-Staaten einigten sich am Montag bei einem Treffen in Luxemburg darauf, mit den notwendigen Vorbereitungen zu beginnen, wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Diplomaten erfuhr. Zuvor hatte die finnische Nachrichtenagentur STT unter Berufung auf Außenminister Pekka Haavisto berichtet.

Haavisto sagte demnach, es müsse allerdings erst eine Liste der Maßnahmen erstellt werden. Diese könnten neben Reisebeschränkungen für bestimmte Personen beispielsweise auch wirtschaftliche Sanktionen enthalten. Der finnische Außenminister schätzte, dass die Zusammenstellung der Sanktionsliste mehrere Wochen dauern könnte.

Initiative von Deutschland und Frankreich

Deutschland und Frankreich hatten zuvor gemeinsam EU-Strafmaßnahmen wegen des Anschlags mit einem militärischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vorgeschlagen. Sie begründeten den Schritt damit, dass Russland Aufforderungen zu einer lückenlosen Aufklärung der Tat bisher nicht nachgekommen sei.

Bisher sei von Russland keine glaubhafte Erklärung zu dem grausamen Mordversuch geliefert worden, hatte es in einer Erklärung geheißen. Daher sei man der Ansicht, "dass es keine andere plausible Erklärung für die Vergiftung von Herrn Nawalny gibt als eine russische Beteiligung und Verantwortung".

Konsens über „Sanktionen für Einzelpersonen

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Montag bestätigt, dass es einen "grundsätzlichen Konsens" der EU-Länder gebe, im Fall Nawalny "Sanktionen gegen Einzelpersonen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen chemischen Kampfmitteln" stünden, zu verhängen. Es sei "klar", "dass man solche Chemiewaffen nicht in der nächsten Drogerie in Russland besorgen kann, sondern hier eigentlich staatliche Stellen in irgendeiner Form ihre Finger im Spiel haben müssen."

Bei dem Personenkreis, gegen den Sanktionen erhoben werden sollen, handelt es sich laut dem Außenminister um eine kleinere Gruppe. Die Maßnahmen sollen ihm zufolge in den nächsten Tagen von Experten"sehr konkret" ausgearbeitet werden, nachdem nun der politische Konsens gefunden worden sei. Eine solche eklatante Verletzung des Verbotes des Einsatzes von Chemiewaffen könne nicht schweigend zur Kenntnis genommen werden, unterstrich Schallenberg am Rande des EU-Außenrates in Luxemburg. Vor Beginn des Treffens hatte er sich bereits für eine Reaktion ausgesprochen, da Russland es verabsäumt habe, die Chancen zu nützen, zur Aufklärung des Giftattentates auf den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny beizutragen, so Schallenberg.

Schallenberg für doppelgleisige Strategie

Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) sagte am Montagmorgen in Luxemburg, die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) habe bestätigt, dass es sich bei der Vergiftung Nawalnys um einen Verstoß gegen das Chemiewaffen-Übereinkommen handle. Dies könne nicht ohne Konsequenzen bleiben. Dieser Ansicht ist auch Außenminister Schallenberg. Er hatte sich ebenfalls bereits im Vorfeld des Außenministerrates für eine doppelgleisige Strategie ausgesprochen.

"Kante, wo notwendig, Dialog, wo möglich", forderte Schallenberg. Russland habe es "leider Gottes" verabsäumt, die Chancen zu nützen, zur Aufklärung des Giftattentates auf den Oppositionspolitiker Nawalny beizutragen. Die EU könne bei dieser "eklatanten Verletzung des Verbots des Einsatzes von Chemiewaffen" nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, unterstrich der Außenminister. Gleichzeitig räumte er ein, dass es auch wichtig sei, Dialogkanäle offenzuhalten.

Der russische Kreml-Kritiker Nawalny war am 20. August während eines Inlandsflugs in Russland zusammengebrochen. Nach einer Notlandung in der sibirischen Stadt Omsk wurde er auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt. Der 44-Jährige hat das Krankenhaus mittlerweile verlassen, ist aber noch nicht vollständig genesen und macht in der deutschen Hauptstadt eine Reha-Maßnahme.

Nawalny vermutet, dass der russische Staat hinter dem Giftanschlag auf ihn steckt. Der Oppositionelle ist einer der schärfsten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

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