Gastkommentar

Die jungen Helden von Budapest

Der Widerstand der Studenten der Universität für Theater und Filmkunst in Budapest könnte jedoch die in Apathie versunkene ungarische Gesellschaft aufwecken.

Studenten der Budapester Universität für Theater- und Filmkunst (SzFE) protestieren seit bereits mehr als einem Monat gegen die Willkür der Macht. In dieser Zeit haben sie Widerstand gezeigt, wie er in Ungarn selten ist. Sie können nur mit der aufopfernden Jugend von 1956 verglichen werden. Sie stehen dafür, dass Tyrannei nicht akzeptiert werden kann und sollte. Wie der große ungarische Dichter Gyula Illyés 1956 schrieb: "Wo Tyrannei ist, ist Tyrannei."

Nach der Aufhebung der Unabhängigkeit vieler kultureller und wissenschaftlicher Institutionen hat die Regierung von Premier Viktor Orbán nun auch die mehr als 150 Jahre alte Universität für Theater- und Filmkunst ins Visier genommen. Der Vorwurf: Sie sei nicht "national" genug. Aus dieser Institution kamen Künstler, die mit Oscar-, BAFTA-, Palme d'or- und Goldenen Bären-Preisen zur ungarischen und universellen Kultur beitrugen. Ich denke an Vilmos Zsigmond, István Szabó, Károly Makk, Miklós Jancsó, Béla Tarr - oder an die jüngeren, Ildikó Enyedi, Kornél Mudruczó, Géza Röhrig.

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Die Regierung unterstellte die Universität über Nacht und ohne Dialog einer Stiftung - und ernannte einen hochrangigen Offizier zum Kanzler der Universität. Die Autonomie und akademische Freiheit wurden aufgehoben. Als Reaktion auf die willkürlichen Schritte trat die gesamte Leitung der Universität zurück, auch Fakultätsmitglieder, die Generationen von Künstlern für die ungarische Kultur großgezogen hatten, gingen.

Die Studenten haben am meisten zu verlieren

Die Studentenschaft hat sich jedoch widersetzt und dieser Widerstand dauert seit mehr als einem Monat an. Die Studenten, die am meisten zu verlieren haben, halten durch. Viele wurden nach harter Vorbereitung angeworben, oft nach mehreren Versuchen. Ihr Traum wird ihnen genommen, jetzt droht ihnen der Verlust ihrer Semester, ihr Stipendium usw.

Bisher hat jeder der Aggression von Orbán nachgegeben, einschließlich der EU in vielen Fällen. Die Mitteleuropäische Universität (CEU) befand sich in einer viel stärkeren Position, nahm aber das Wiener Angebot an und floh aus Budapest. Die Wissenschaftler der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, die sich in einer wohl sichereren existenziellen Situation befanden als die Studenten der SzFE, begnügten sich ebenfalls mit dem Verlust ihrer Unabhängigkeit und ihres Forschungsnetzwerks.

Der Widerstand der Studenten könnte jedoch die in Apathie versunkene ungarische Gesellschaft aufwecken. Man kann nur hoffen, dass diese heldenhaften Studenten in ihrem Kampf nicht völlig allein gelassen werden. Die weltweit führenden Künstler und Institutionen haben ihre Solidarität mit den Studenten zum Ausdruck gebracht. Darunter lebende Legenden wie Robert Wilson und Peter Brook.

Die Europäer dürfen nicht untätig dastehen und ansehen wie die Studenten kämpfen, wir dürfen sie nicht scheitern lassen, es ist Europas Pflicht, sie zu retten!

István Teplán (*1958) ist ein Ungarischer Historiker und Soziologe.  Er ist einer der Mitgründer der Mitteleuropäischen Universität (CEU) in Budapest und Vorsitzender der PROSUM Stiftung in Brüssel.

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