Buwog-Prozess

Grasser: "Immer nur die Interessen der Republik im Sinne gehabt"

APA/HELMUT FOHRINGER
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Er sei unschuldig und hoffe auf ein "gerechtes Urteil“, sagt der Ex-Finanzminister am letzten Hauptverhandlungstag im Buwog-Prozess.

Am 168. Prozesstag, nach den "letzten Worten" der Angeklagten im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts, hat heute Richterin Marion Hohenecker die Hauptverhandlung im Grasser-Prozess geschlossen. An einem Freitag im November oder am ersten Freitag im Dezember sollen dann die beiden Berufsrichter und zwei Schöffen das Urteil fällen - und zwar reihenweise Freisprüche, wenn es nach den meisten Angeklagten geht.

Die Anklage wirft den Beschuldigten Korruption bei der Bundeswohnungsprivatisierung im Jahr 2004 vor. Der damalige Finanzminister Grasser soll geheime Informationen weitergegeben haben, und dafür bei einer Provision von 9,6 Mio. Euro mitkassiert haben. Beim Linzer Terminal Tower seien 200.000 Euro Bestechungsgeld geflossen für den Einzug der Finanzbehörden in das Bürohaus. Weiters wurde eine Anklage zu Schwarzen Kassen der Telekom Austria bei Peter Hocheggers Valora-Gesellschaft und eine Anklage gegen Walter Meischberger wegen Betrugs bei seinem Hausverkauf in den Mega-Prozess integriert.

Lob für Richterin

Den Reigen der "letzten Worte", wie es im Juristendeutsch heißt, eröffnete Donnerstagvormittag der Erstangeklagte Karl-Heinz Grasser. Er sei unschuldig und hoffe auf ein "gerechtes Urteil". Als Finanzminister habe er immer nur die Interessen der Republik im Sinne gehabt, betonte er. Großes Lob äußerte der einstige Politstar der Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) für die Prozessführung des Gerichts, insbesondere für Richterin Hohenecker.

Grasser bedankte sich auch bei den Mitangeklagten, die nicht den einfachen Weg gegangen seien, um ihn wahrheitswidrig zu beschuldigen und die dem "Druck" der Staatsanwaltschaft nicht nachgegeben hätten. Der mitangeklagte und teilgeständige Ex-Lobbyist Peter Hochegger hingegen habe falsch ausgesagt, so Grasser. Die Bundeswohnungsprivatisierung und die Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower seien rechtmäßig verlaufen. Die Zeugenaussagen hätten ihn voll und ganz bestätigt, dass er nichts Unrechtes getan habe, keine Information weitergegeben und kein Geld angenommen hätte.

Anschließend gab Meischberger seine letzte Erklärung im Prozess ab und dankte ebenfalls dem Gericht für die faire Verhandlungsführung. Trotz aller "schiefen Optik" habe er rechtmäßig gehandelt und alle Leistungen ordnungsgemäß abgeführt. "Elf Jahre meines Lebens kann mir niemand zurückgeben, auch das Gericht nicht, aber vielleicht meine Reputation", sagte Meischberger. Er bitte das Gericht um ein gerechtes Urteil und um einen Freispruch in allen Anklagepunkten.

Hochegger im "Korruptionsbiotop"

Der ehemalige PR-Agenturbesitzer Hochegger hat hingegen in seinen "letzten Worten" sein Teilgeständnis erneut bestätigt. Er habe in einem "Korruptionsbiotop" zwischen Wirtschaft und Politik mitgewirkt. "In einem Korruptionsbiotop, in dem sich Wenige ständig Vorteile auf Kosten der Allgemeinheit verschaffen." Er sei froh, dass er den Mut gefunden habe, seinen Beitrag in diesem System anzusprechen und die Dinge beim Namen zu nennen. Hochegger hat Grasser und Meischberger im Prozess belastet und angegeben, Grasser hätte bei der Buwog-Provision mitkassiert.

Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics und der frühere RLB-OÖ-Vorstand Georg Starzer tauschten in ihren "letzten Worten" noch einmal gegenseitige Vorwürfe aus. Beide saßen bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im siegreichen Österreich-Konsortium. Während Petrikovics angibt, Raiffeisen Oberösterreich sei beim Beratungsvertrag mit Hochegger auch dabei gewesen und habe die Millionenprovision mitbezahlt, wird dies von Starzer entschieden dementiert. Einig sind sich die beiden Ex-Manager lediglich darüber, dass sie den erstangeklagten Grasser gar nicht kannten. Daher baten beide um Freisprüche.

Auch Ex-Immofinanz-Manager Christian Thornton beteuerte seine Unschuld. Er habe den Grund der Buwog-Provision nicht gekannt und habe nie den Hintergrund erläutert bekommen. Er habe auf Anweisung seines damaligen Vorgesetzten Petrikovics gehandelt, die Zahlungen abgewickelt und nie Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Auftrags gehabt, daher bitte er um einen Freispruch.

Ex-Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer, der teilgeständig im Verfahren ist, betonte, dass er immer das Wohl der Firma im Sinn hatte. "Ich wollte dem Unternehmen nie einen Schaden zufügen". Er habe einige Fälle gestanden, die überschießend gewesen seien, der Rest der Zahlungen an Politiker sei durch das Umfeld bedingt und immer im Interesse der Telekom gewesen. Daher bitte er um ein mildes Urteil.

Ganz wenige "letzte Worte" äußerten die fünf Angeklagten in der Causa Linzer Bürohaus Terminal Tower. Sie seien unschuldig und hätten keine Korruption begangen, versicherten sie.

Der mitangeklagte Ex-Anwalt von Walter Meischberger, Gerald Toifl, sprach etwas länger. Er könne nicht, wie viele Mitangeklagte, sagen, dass er mit Grasser nichts zu tun gehabt hätte. "Er war bei mir im Haus", bestätigte er, er sei aber damals, nach dem Aufkommen der Buwog-Provisionszahlung an Peter Hochegger und Meischberger im Herbst 2009, froh gewesen, dass Grasser ihm die Bundeswohnungsprivatisierung erklärt habe. Das von Grasser erfahrene Wissen sei wichtig für die Selbstanzeige von Meischberger gewesen, den er damals als Anwalt vertrat.

Für den auch heute abwesenden mitangeklagten Schweizer Vermögensberater Norbert Wicki ergriff dessen Anwalt Herbert Eichenseder das Wort. Wicki halte sich in Dubai auf und könne wegen der Corona-Reisebeschränkungen nicht nach Österreich kommen, hatte sein Anwalt gestern erklärt. Er habe gestern noch im Akt nachgesehen und eine Zeugenaussage gefunden, die die Angaben seines Mandanten, er habe ein Darlehen von Grassers Schwiegermutter Marina Giori-Lhota bekommen, bestätigen, so der Verteidiger.

Urteil frühestens im November

Die Richterin appellierte zum Abschluss noch an alle Prozessbeteiligten, die Mitteilung über den Tag der Urteilsverkündung nicht sofort hinauszuposaunen, damit Angeklagte den Termin nicht aus der Zeitung erfahren müssten. Das sei ein Gebot der Fairness.

Um 10 Uhr 50 schloss Hohenecker dann nach einer fast dreijährigen Prozessdauer die Hauptverhandlung. Sie entließ die drei Ersatzschöffen und die Ersatzrichterin, die die ganze Zeit der Hauptverhandlung beiwohnten, damit der Prozess nicht platzt. Denn für ein Urteil sind zwei Berufsrichter und zwei Laienrichter notwendig. Der Schöffensenat zog sich zur Beratung zurück. Das Urteil wird nicht vor November fallen.

Der Prozess begann im Dezember 2017, die Hauptverhandlung wurde - mit einer coronabedingten mehrmonatigen Pause im Frühjahr 2020 - seitdem geführt. 150 Zeugen wurden befragt, teils per Videokonferenz aus Liechtenstein und der Schweiz.

(APA)

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