Handel ist entwicklungsgeschichtlich die wichtigste Art der Begegnung mit Fremden, doch er basiert auf Moral und Vertrauen.
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In einem lesenswerten Artikel berichtete Karl Gaulhofer in der „Presse am Sonntag“ (27. 9.) über die faszinierenden, auf die 1990er-Jahre zurückgehenden Forschungen des Anthropologen Joseph Henrich. Er fand in Experimenten unter „Urvölkern“ heraus, dass faires Teilen eher dort zu erwarten ist, wo das soziale (Über-)Leben der Menschen durch einen höheren Grad an Marktintegration geprägt ist.
Ganz überraschend ist dies nicht: Handel ist entwicklungsgeschichtlich die wichtigste Art der Begegnung mit Fremden, in der existenzielle Risken einer feindlichen Konfrontation in den Hintergrund treten – oder treten müssen: Solang man sich die Köpfe einschlägt, wird es schwerlich erfolgreichen Handel geben. Die Fähigkeit zum bedingten Verzicht auf Gewalt und Übervorteilung bzw. zum fairen Teilen dürfte somit eine Schlüsselrolle spielen – sowohl beim Aufbau erfolgreicher Austauschbeziehungen als auch bei der Moralentwicklung.