Nationalrat

„Selbstaufgabe“, „mutlos“: Budget im Kreuzfeuer

SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht Gernot Blümels Budget als ein „Manifest gebrochener Versprechen“.
SP-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht Gernot Blümels Budget als ein „Manifest gebrochener Versprechen“.(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Opposition kann bei der Budgetdebatte wenig Positives erkennen.

Wien. Am Tag der Budgetrede ist der Finanzminister der Star. Am Tag danach, wenn traditionell die Debatte über das Budget stattfindet, ist er dagegen stummer Zuhörer. Mit stoischer Miene – soweit sich dies hinter dem Mund-Nasen-Schutz erkennen lässt – sitzt Gernot Blümel am Donnerstag auf der Regierungsbank im Nationalrat und lässt die Ausführungen der Abgeordneten über sich ergehen: Das Lob seiner Parteikollegen für ein Budget, das der Krise gerecht werde, die fast schon euphorischen Anmerkungen des grünen Koalitionspartners über Investitionen in den Klimaschutz und die Kritik der Opposition. Nur kurz blättert er in einem Nachrichtenmagazin – ausgerechnet, als die Neos-Abgeordnete Karin Doppelbauer ihm „Lustlosigkeit“ vorwirft.

Dass die Regierungsparteien ihr eigenes Budget gut finden und die Opposition dieses verdammt, ist nicht weiter verwunderlich. Das gehört zum jährlichen wiederkehrenden Ritual der Budgetdebatte. Außergewöhnlich sind diesmal eher die äußeren Umstände: Mitten in der Coronapandemie beschließt ausgerechnet die ÖVP, die die Notwendigkeit eines ausgeglichenen Haushalts seit Jahrzehnten wie ein Mantra vor sich herträgt, ein Budget mit dem größten Defizit, das es je gab. ÖVP-Klubchef August Wöginger verteidigt die Vorgangsweise: Jetzt gehe es darum, der Krise entgegenzuwirken und den Wirtschaftskreislauf intakt zu halten. Es sei der Koalition aber bewusst, dass das Geld einmal zurückzuzahlen sei.

Prinzipielle Kritik an der Politik des Deficit Spendings hört man an diesem Tag keine. Lediglich Neos-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger versucht, sachte gegenzusteuern: „Koste es, was es wolle“, sei der falsche Slogan in der Krise gewesen. Richtigerweise hätte man sagen müssen: „Koste es, was nötig.“

„Gebrochene Versprechen“

Sonst sind sich die Oppositionsparteien aber einig: Es wird noch viel zu wenig gemacht. Mit dem vorliegenden Budget werde in der Krise nicht ausreichend gegengesteuert. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sieht das Budget als „Manifest gebrochener Versprechen“. Man benötige eine Arbeitsmarktpolitik mit Weitblick, Pressekonferenzen und Ankündigungen seien da zu wenig. So sei das AMS-Budget pro Kopf sogar niedriger als 2017, das kein Krisenjahr gewesen sei. Ohnehin brauchte es ein historisch großes Konjunkturpaket. Ein Budget müsse Arbeitsplätze und Unternehmen retten und kleine und mittlere Einkommen stärken. Etwas drastischer formuliert es ihr geschäftsführender Klubchef Jörg Leichtfried: „Das ist eine Selbstaufgabe der Republik in der größten Jobkrise.“ Für den Erhalt der Arbeitsplätze werde zu wenig getan, gleichzeitig gebe es Profiteure: Die Regierung habe nicht verhindert, dass Firmen, die Staatshilfe erhalten, gleichzeitig Dividenden und Boni ausschütten können. Überhaupt müsse man mit dem Märchen aufräumen, dass Österreich gut durch die Krise gekommen sei: Deutschland habe wesentlich bessere Zahlen bei Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen. „Aber die haben auch eine Regierung, die seriös arbeitet.“

Gewohnt polemisch geht FPÖ-Klubchef Herbert Kickl ans Werk. In Richtung ÖVP-Abgeordnete höhnt er, dass diese nun auch „Gefährder“ seien, weil sie im Plenum keinen Mund-Nasen-Schutz tragen. Und der Regierung wirft er vor, Arbeitsplätze zu gefährden und zählt Unternehmen auf, die Arbeitskräfte abbauen.

Die Standortpolitik vertreibe, statt Ansiedlungen zu erreichen: „Die gehen in die Türkei oder nach Polen.“ So sei auch das aktuelle Budget angetan, „dass diese Talfahrt, dieser Crashkurs auch 2021 weitergehen wird“. Schuld daran wolle dann in der ÖVP wieder niemand sein – „eine Ansammlung von Verantwortungsleugnern, mit V wie Volkspartei“. Im Budget findet Kickl nur drei Zahlen interessant: 12: So viele Kilogramm wiegen die Budgetunterlagen. 25: So viele Seiten habe der Finanzminister „lustlos“ vorgelesen. Und 31: So viele Minuten habe er es für wert befunden, über das Budget zu sprechen.

Investitionen in die Zukunft?

Verbindlicher im Ton, aber nicht weniger kritisch beurteilt Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger das Budget: Zukunftsinvestitionen würden ebenso fehlen, wie der Mut für eine echte Steuerreform. Das, was die Regierung präsentiert habe, sei ein Krisenbudget – „aber nichts darüber hinaus“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2020)

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