Spectrum

Vom Wackeln und Humpeln

Briefe an Amalia: eine Baustelle neben dem Bett und was ein Dreieck bedeuten kann.

Wenn ich unterwegs bin, ist das Erste, was ich beim Aufwachen in mir sehe, Dein Gesicht. Dann sehe ich Dich lachen, und die beiden unteren Zähne leuchten, ich sehe Deine blitzenden blauen Augen und Deine Abenteuerlust, sehe Dich im Sandkasten und auf der Schaukel, wie Du den Kopf nach hinten wirfst und jauchzt. Ich sehe immer das, was Dir am besten gefiel, als ich aufbrach, und das ist derzeit ein Finger, den man an einen Nasenflügel legt, oder die ausgestreckten Zeigefinger, die einander berühren und ein Dreieck bilden. Beides amüsiert Dich außerordentlich. Auch wenn ich gestehen muss, dass es wunderbar ist, hin und wieder eine Nacht in einem Hotelzimmer durchschlafen zu können, fehlst Du mir. Ich habe gehört, dass Du Dada rufst, wenn Du aufwachst und mich nicht im Bett siehst.

Wenn man mich auf meiner Präsidentenlesereise fragt, ob ich an einem neuen Roman schriebe, muss ich lachen. Oft ist es schon schwierig, meine Briefe an Dich zu schreiben. Ich habe eine vierzehn Monate alte Tochter, sage ich dann, was heißt, dass die wenige Zeit, die zum Schreiben bliebe, meistens mit großer Müdigkeit einhergeht. Außerdem haben wir seit Monaten eine Baustelle direkt unter uns. Um sieben Uhr morgens geht es los, es ist, als stünden die Pressluftbohrer neben unserem Bett. Weil man bis Jahresende fertig sein will, gibt es keine Mittagspausen, auch samstags wird gebohrt und gestemmt, so dass Du oft um Deinen Mittagsschlaf kommst. Wenn es unerträglich wird, geht Deine Mutter nach unten und bittet die Arbeiter, zumindest eine Stunde zu pausieren.

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