Vier Wochen lang versteckte sich Otto Kaim auf Johannes Krogvigs Hof.
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Der Deserteur von Ringsaker: über den Fall des Wieners Otto Kaim

Ein 19-jähriger Besatzungssoldat der deutschen Wehrmacht entschloss sich eines Tages, nicht mehr Soldat zu sein: So beginnt die Geschichte einer norwegischen Dorfgemeinschaft, die einem aus Wien stammenden Deserteur half. Ein Protokoll.

An einem kalten Märztag im Jahr 1942 verließ ein 19-jähriger österreichischer Wehrmachtssoldat seine im norwegischen Eidsvoll stationierte Flakeinheit. Mit 40 Kronen, einigen Lebensmittelmarken sowie vier Kommissbroten in der Tasche machte sich der Soldat auf den Weg in Richtung Norden. Einige Tage später passierte er Gaupen, einen Ortsteil des Dorfes Ringsaker, das am Mjøsa, dem größten See Norwegens, liegt. Starker Schneefall und ein wund gelaufener Fuß machten das Gehen zur Qual. Otto Kaim fragte einen Norweger, ob er sich bei ihm aufwärmen dürfe, er sei auf dem Weg nach Lillehammer. Der 62-jährige Landarbeiter Hans Nordsveen lud ihn in sein Haus ein und ließ ihn sogar übernachten. Zwei Tage später marschierte Kaim weiter, stand jedoch bald wieder vor Nordsveens Tür und erklärte, dass er nicht mehr zum Militär zurückwolle. Nordsveen gab ihm zu verstehen, „dass er aus seinem Hause verschwinden müsse“. Seine Wirtschafterin, Frau Pedersen, hatte Erbarmen mit dem verloren dastehenden Soldaten. Sie gab ihm etwas zu essen und besprach sich mit ihrer Schwester, Julie Holmlund, die mit ihren neun Kindern in der Nähe wohnte. Die 49-jährige Holmlund, die wieder schwanger und deren Mann auf Montage bei der Wehrmacht war, erklärte sich bereit, den jungen Fahnenflüchtigen aufzunehmen.

So beginnt die Geschichte einer solidarischen Dorfgemeinschaft, die einem Flüchtigen half. Es ist auch die Geschichte eines 19-jährigen Besatzungssoldaten, der sich eines Tages entschloss, nicht mehr Soldat zu sein. 45 Tage lang konnte er sich in dem kleinen norwegischen Dorf versteckt halten.

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