Treffer

Skandal und bayrische Ehre

Talkshows – was wäre das Fernsehen ohne diese Sparte? Allein: Skandale sind seit je fixer Bestandteil dieses TV-Formats. Stars und Sternchen, Künstler und Möchtegerns – allesamt sind sie dort zu finden; die einen öfter als die anderen. Talkmaster zu sein war und ist indes nicht immer einfach.

Insbesondre dann, wenn zwei Gäste auftreten sollen, die stets für einen Skandal gut sind – wie einst in der Sendung „Heut' abend“. Der eine, der dank seiner Alkoholexzesse regelmäßig die Boulevardpresse belieferte, saß gerade noch in der Maske, als er die Welterklärungen des rund 20 Jahre jüngeren Mannes, der einmal hier, einmal dort tätig war, erläutern hörte.

Plötzlich packte den Zuhörer der Zorn: Hatte doch der Wiener kurze Zeit zuvor in einer anderen Talkshow den bayerischen Ministerpräsidenten zu verteufeln gewagt. Er war zwar kein Fan des CSU-Politikers, doch das ging zu weit für den Berliner. Und so stürmte er, zuweilen auch „Phoenix aus der Flasche“ genannt, ins Studio und warf sich ins Getümmel. Vor laufender Kamera fuhr er den Wiener an: „Sie haben kein Recht, sich in die deutsche Politik einzumischen. Ich komme ja auch nicht nach Wien und sage, euer Kanzler Kreisky ist ein Finsterling.“

Der Angegriffene entgegnete kühl, Politik höre nicht an Staatsgrenzen auf, ebenso wenig wie Meinungsfreiheit. Vielleicht wolle der Deutsche anderen aber den Mund verbieten? Der Talkmaster überlegte fieberhaft, wie er dem wüsten Treiben ein glimpfliches Ende bereiten könne, um Schlimmeres zu verhindern. Der Schauspieler zeterte munter weiter, und als er seitens des Österreichers ein herablassendes „Gott schütze Sie!“ vernahm, schrie er wütend: „Mir ist der Hintern des Ministerpräsidenten lieber als Ihr Gesicht!“ Darauf stürzte er aus dem Studio, um seinen Frust mittels flüssigen Stoffs zu mildern. Der Talkmaster blieb hilflos zurück und wusste nicht, wie es mit seiner Sendung weitergehen solle.

Doch fand das Spektakel ein gutes Ende: Die Sendung wurde fortgesetzt, die Kontrahenten versöhnten sich bald, und der Berliner, der für die bayrische Ehre eingestanden war, erhielt aus München eine Einladung zu einem Essen. ■

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