Vor dem Supreme Court: Eine Mutter erklärt ihrem Kind, dass die Rassentrennung in den Schulen nun verfassungswidrig sei (Mai 1954).
Die Welt bis gestern

Die Verfassungshüter Amerikas

Die gefährliche Polarisierung in der politischen Landschaft der USA hat auch Auswirkungen auf den Obersten Gerichtshof. Eine Geschichte des Supreme Court seit 1789.

Blickt man fünfzig Jahre zurück, kam es im Durchschnitt alle drei Jahre zu einer Vakanz im Obersten Gerichtshof der USA, dem Supreme Court. Das Aufsehen, das die Besetzung des frei gewordenen Richterpostens in dem Land erregt, ist übermäßig groß geworden. Über gewaltige ideologische Auswirkungen wird spekuliert: Medien und Parteienvertreter wollen der Öffentlichkeit jedes Mal weismachen, dass nun der jeweilige Präsident für Jahrzehnte eine einseitige Ausrichtung der Rechtsprechung einbetoniert habe.

Der Gerichtshof geriet offenbar in die ungesunde Nähe der Parteipolitik, er scheint selbst so etwas wie ein Mitstreiter im Gefecht geworden zu sein. Ein Bestätigungsverfahren im Senat wird zum Triumph für eine der Parteien. Immer schärfer verlaufen die Abstimmungsergebnisse entlang der Parteilinien. Ein Supreme Court, der in die Nähe der extremen Polarisierung, die die amerikanische Politik zurzeit beherrscht, gerät? Ist er selbst schuld?

Im politischen System der USA fällt dem Obersten Gerichtshof als einzigem Bundesgericht, das in der Verfassung erwähnt wird, eine besondere Rolle zu. Im Verfassungswortlaut wird er nicht als „Verfassungsgerichtshof“ definiert, d. h. das Recht, Akte der staatlichen Gewalt anhand von Verfassungsnormen zu überprüfen, wird ihm nicht ausdrücklich gewährt. Er macht auch keine Gutachten über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und hat kein Vetorecht bei der Gesetzgebung. Die Verfassung sieht ihn als oberste Berufungsinstanz für Streitfälle vor, die „unter der Verfassung, den Bundesgesetzen und internationalen Verträgen“ ausgefochten werden.

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