Erstmals wagte sich ein republikanischer Senator mit schonungsloser Kritik am Präsidenten aus der Deckung. Er befürchtet ein Debakel auf allen Linien – auch im Senat.
Wien/Washington. Die Zuhörerschaft war nicht gerade exklusiv, und so war es kaum verwunderlich, dass die schonungslose Abrechnung mit der Präsidentschaft Donald Trumps durchsickerte. 17.000 Parteifreunde waren eingeladen zur Telefonkonferenz mit dem republikanischen Senator Ben Sasse in Nebraska, einem agrarisch geprägten Kernland der Konservativen im Herzen der USA. Viele von ihnen waren verstört, aufgebracht und schockiert über die unverblümte Analyse des 48-jährigen Historikers und Ex-Professors, dessen Unmut sich in einem langen Katalog an Vorwürfen entladen hat.
Als da wären: ein „TV-fixierter, narzisstischer“ Präsident, der die Verbündeten verprellt, mit Diktatoren „schmust“ und China weitgehend das Terrain überlasst; der die Coronapandemie als „PR-Krise“ behandelt; der Geld rauswirft wie „ein betrunkener Matrose“, sich hinter deren Rücken im Weißen Haus über Evangelikale mokiert und mit Rassisten flirtet; dessen Familie obendrein aus der Präsidentschaft Kapital schlägt.
Positiv vermerkt der Senator lediglich, dass Trump letztlich konservative Positionen vertritt und konservative Richter berufen hat. Der Bestellung Amy Coney Barretts, die sich im Senatshearing in dieser Woche keine Blöße gab und heiklen Fragen auswich, dürfte kurz vor der Präsidentschaftswahl somit nichts im Wege stehen.