Europa

EU-Gipfel droht Türkei mit Sanktionen

Türkei muss Provokationen vor der Küste Zyperns einstellen.

Brüssel. Die Türkei bekommt die Rute ins Fenster gestellt, bleibt aber von EU-Sanktionen oder einem völligen Abbruch der Beitrittsverhandlungen verschont. Am Freitag drängten mehrere Staats- und Regierungschefs der EU zu einem härteren Kurs gegenüber Ankara. Allen voran forderten Griechenland und Zypern ein entschiedeneres Vorgehen, aber auch Frankreich schloss sich dem an. Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte sich bereits Anfang Oktober für EU-Sanktionen im Streit um türkische Gasbohrungen vor der Küste Zyperns ausgesprochen. Er zeigte sich nach Ende des Treffens dennoch zufrieden: Der EU-Gipfel habe klar festgehalten, dass mit Sanktionen darauf reagiert werden müsse, wenn die Türkei die Provokationen im Mittelmeer nicht einstelle. Ratspräsident Charles Michel betonte nach dem EU-Gipfel, dass die EU-Staaten das weitere Vorgehen der türkischen Führung regelmäßig überprüfen werden.

Damit setzte sich Deutschland zumindest vorerst mit seiner weichen Linie gegenüber Ankara durch. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Streit um türkische Gasbohrungen vor Zypern und militärische Provokationen gegen Griechenland auf diplomatische Vermittlung gesetzt. Es sei nicht die Zeit für eine völlig andere Politik gegenüber Ankara, hieß es aus Berlin. Mehrfach haben deutsche Vertreter in der EU die Abhängigkeit von der Türkei auch in Fragen der Migration und des EU-Außengrenzschutzes ins Treffen geführt. Das Nato-Land sei strategisch und sicherheitspolitisch zu wichtig, deshalb könne die EU kein Interesse an einer Eskalation haben, hieß es.

Nachdem die deutsche Kanzlerin Sondierungsgespräche zwischen Ankara und Athen vermittelt hatte, entsandte die Türkei allerdings erneut ein Forschungsschiff in das umstrittene Gebiet vor der zypriotischen Küste. Deutschlands Außenminister Heiko Mass zeigte sich „außerordentlich entsetzt“, nahm das Wort „Sanktionen“ aber nicht in den Mund.

Während sich Griechenland und Zypern durch den – auch militärisch – ausgeübten Druck im Mittelmeer bedroht fühlen, ist Frankreich aus anderen Gründen auf Distanz zu Erdoğan gegangen. Paris sieht das militärische Engagement der Türkei in Libyen und Syrien als Gefahr. (wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2020)

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