Damals durfte man sich noch persönlich näher kommen, heute geht es nur noch politisch: SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner (l.) und Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger bei der konstituierenden Sitzung des Nationalrats vor einem Jahr.
Wien

Rot-Pink in Wien – und dann?

Eine Koalition aus SPÖ und Neos wäre eine Premiere – mit weitreichenden Folgen für die Grünen und die Bundesregierung. Aber auch für die neuen Partner: Man müsste sich erst finden, irgendwo zwischen Michael Häupl und Alfred Gusenbauer.

Michael Ludwig und die Neos in Wien: Ist das schon mehr als Liebäugeln mit einem möglichen neuen Koalitionspartner? Oder spielt der Bürgermeister bloß Machtspielchen mit allen Parteien, die für ihn infrage kommen, um zu sehen, wer am ehesten bereit ist, sich inhaltlich und in Personalfragen der SPÖ zu unterwerfen? Rot-Pink jedenfalls ist eine ernst zu nehmende Option in Wien, deutlich wahrscheinlicher als Rot-Türkis und mindestens so wahrscheinlich wie Rot-Grün. Und eine, die – so sie erstmals in der Geschichte zustande kommt – das parteipolitische Gefüge ziemlich durcheinanderbringen würde.

Grüne

Für die Grünen hieße Rot-Pink, dass sie sich aus der Wiener Stadtregierung verabschieden müssen, was zunächst den Verlust von Gestaltungsmöglichkeiten, Einfluss und Prestige bedeutet. Aber da wäre noch deutlich mehr: Die grüne Bundespartei, in einer Koalition mit der ÖVP, hätte dann unangenehme Auswirkungen zu befürchten, weil die Wiener Grünen deutlich zugespitzter auftreten müssten, nicht nur in Opposition zur Stadtregierung, sondern mitunter auch zu jener im Bund.
Der Druck auf Werner Kogler könnte steigen. Bisher war die Wiener Landespartei, die innerhalb des grünen Spektrums am weitesten links anzusiedeln ist, mit den Regierungsaufgaben und der bevorstehenden Wahl beschäftigt. Tritt allerdings der grüne Worst Case in Wien ein, könnten sie vom Vizekanzler eine deutlichere Positionierung in den Fahnenfragen einfordern, nämlich: Migration, Umweltschutz, Verteilungsgerechtigkeit.

Zuletzt hatten sich die Grünen ja einige Male auf die Zunge gebissen (zumindest nach außen hin), um den Koalitionsfrieden zu wahren. In der Moria-Frage etwa. Bei der Plastikabgabe. Und bei den Vermögensteuern, die Werner Kogler zur Begleichung der Krisenschulden erst vorgeschlagen und dann auf einen nicht näher definierten, späteren Zeitpunkt vertagt hat.

Auch sonst wäre eine Wien-Koalition aus SPÖ und Neos womöglich schlecht fürs grüne Gleichgewicht, zumal es dann keinen ideologischen Gegenentwurf mehr zur türkis-grünen Regierung im Bund, zu Schwarz-Grün in Vorarlberg und Tirol sowie Schwarz-Grün-Pink in Salzburg gäbe.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Bürgermeister Ludwig beginnt am Montag mit den Sondierungsgesprächen. Zu Beginn stehen die Neos am Programm.
Koalition

Michael Ludwigs gefährliche Gratwanderung

Ab Montag startet Bürgermeister Michael Ludwig die Sondierungsgespräche mit Neos, ÖVP und Grünen. Die Partei teilt sich derweil (wieder) in zwei Lager: Die urbanen Bezirke sind für Rot-Grün, die großen Bezirke für Rot-Pink.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.