Leben

Stottern: Wenn Worte plötzlich fehlen

Vor etwas mehr als einem Jahr hat der 23-jährige Piotr Sajbor sein Stottern in den Griff bekommen. Seither spricht er mehr und ist selbstbewusster.
Vor etwas mehr als einem Jahr hat der 23-jährige Piotr Sajbor sein Stottern in den Griff bekommen. Seither spricht er mehr und ist selbstbewusster.Carolina M. Frank
  • Drucken

15 Jahre lang hat Piotr Sajbor unter Stottern gelitten, mithilfe einer speziellen Schule in Polen spricht er nun flüssig. Jetzt will er Psychologie studieren – und anderen Betroffenen helfen.

Fünf Semmeln zum Beispiel. Die konnte Piotr Sajbor beim Bäcker einfach nicht bestellen. „Ich wusste, ich habe Schwierigkeiten mit dem Wort ,fünf‘, also habe ich vier oder sechs Semmeln bestellt“, sagt Sajbor heute – ruhig und flüssig. Generell waren kleine alltägliche Gespräche, wie eine Bestellung im Kaffeehaus oder nach dem Weg zu fragen, in seinem früheren Leben problematisch. Manchmal hat es funktioniert, manchmal wusste er aber, dass er gewisse Worte nicht aussprechen können wird, und hat deshalb vorsorglich den Satz anders formuliert – oder aber bei einer Vorstellungsrunde zuerst seinen Nachnamen genannt, weil ihm dieser einfacher über die Lippen ging. Und manchmal hat er stotternd Silben wiederholt.

Piotr Sajbor, der als Siebenjähriger mit seinen Eltern von Polen nach Wien gekommen ist, hat 15 Jahre lang unter Stottern gelitten, vor allem unter Blockierungen. Mit sechs Jahren hat es begonnen, langsam, aber so, dass es für ihn zur Belastung geworden ist. „Ich habe verschiedene Logopäden ausprobiert und verschiedene Methoden, aber nichts hat geholfen.“ Er wolle zwar nicht sagen, dass Logopäden generell nicht helfen können, aber bei ihm war das eben nicht der Fall. „Ich konnte zwar beim Logopäden schön sprechen, aber wenn ich rausgegangen bin und mit fremden Menschen gesprochen habe, hat das nicht mehr funktioniert.“

Also hat er wenig gesprochen. Wenn er mit Freunden essen gewesen ist, haben meist die für ihn bestellt. „Einmal hat mich ein Kellner nachgeäfft, als ich stotternd bestellt habe, das ist nicht lustig gewesen“, sagt er. Auf Partys hat er sich ruhig verhalten, länger als fünf Minuten hat er nie mit Mädchen gesprochen, aus Angst, dass die Sprache versagen könnte.

Heute spricht Sajbor, wenn auch manchmal langsam, so doch stets flüssig. Ins Stocken kommt er nicht. Im Kaffeehaus bestellt er freundlich und deutlich, was er möchte, und nicht, was sich einfach aussprechen lässt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.