Interview

Verschwörungstheorien: "Die Leute sind extremer geworden"

October 16, 2020, Barcelona, Catalonia, Spain: A cook wearing a Guy Fawkes mask takes part in a protest against harsher
October 16, 2020, Barcelona, Catalonia, Spain: A cook wearing a Guy Fawkes mask takes part in a protest against harsherimago images/ZUMA Wire
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Experte Michael Butter von der Universität Tübingen glaubt an keinen großen Zuwachs bei Verschwörungstheoretikern.

Warum sind Verschwörungstheorien rund um das Coronavirus so populär?

Das hat damit zu tun, dass Verschwörungstheorien eine Antwort auf Unsicherheit und Kontrollverlust sind. Sie sind vor allem bei Menschen verbreitet, die sich machtlos fühlen, die das Gefühl haben, sie hätten keinen Einfluss auf politische Entscheidungen, auf gesellschaftliche Prozesse; bei Menschen, die schlecht mit Ambivalenz umgehen können. Verschwörungstheorien suggerieren eine vermeintliche Sicherheit. Sie sagen: „Die stecken dahinter, das haben sie vor und da soll es hinführen, dies und jenes wird noch passieren“, und für viele Menschen ist das offensichtlich leichter zu ertragen, als Zufall und Chaos zu akzeptieren.

Ist es denn so, dass mehr Menschen mittlerweile Verschwörungstheorien anhängen?

Ich glaube nicht, dass in den letzten Monaten besonders viele Menschen neu dazugekommen sind. Es gibt keinen Indikator dafür, dass der Glaube an Verschwörungstheorien in Deutschland oder Österreich in den letzten Monaten zugenommen hätte. Es ist eher so, dass die Leute extremer geworden sind, das Gefühl haben, sich positionieren zu müssen. Wenn Sie beispielsweise glauben, Sie hätten begriffen, dass die Amerikaner die Twin Towers am 11. September 2001 selbst gesprengt hätten, dann können Sie mit Ihrem Leben einfach einmal weitermachen, das verlangt nicht ständig eine Positionierung in Ihrem Alltag. Corona tut das aber. Leute haben entsprechend das Gefühl: „Mein Gott, jetzt geht es hier ja wirklich ganz konkret an meine Rechte.“

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