Den Polster haben wir verspielt, aber es scheint noch ein wenig Luft bis zum kritischen Punkt zu sein. Der Unterschied zum Frühjahr: Wir kennen das Virus besser.
Österreich und Schweden haben eine längere gemeinsame Geschichte: in der Sozialdemokratisierung der Gesellschaft, verknüpft auch mit der Lebensgeschichte Bruno Kreiskys, von der Neutralität bis hin zum gemeinsamen EU-Beitritt 1995. Nun geht Österreich in der zweiten Welle der Corona-Pandemie gewissermaßen wieder im Gleichschritt mit den Schweden. Während der ersten Welle war das noch gänzlich anders gewesen.
Kanzler und Vizekanzler appellierten am Montag an die Eigenverantwortung der Österreicher. Das war auch schon das schärfste Instrument. Die Maßnahmen, die auf diesen eindringlichen Appell folgten, waren dann verhältnismäßig gelinde. Weit entfernt von jenen Lockdown-ähnlichen in anderen Teilen Europas.
Eigenverantwortung – das ist der Kern des schwedischen Modells. Das Leben läuft, eingeschränkt aber doch, weiter. Nun auch in Österreich. Die Einschränkung besteht aus Masken und in jener der Kontakte. Veranstaltungen finden weiterhin statt, auch die Restaurants bleiben offen – aber eben reduziert.
Hatte man bisher den Eindruck, dass eine Kluft besteht in der Einschätzung der Regierungsparteien ÖVP und Grüne – die ÖVP drängt auf schärfere Maßnahmen, die Grünen bremsen –, so besteht dieser Eindruck seit Montag nicht mehr. Im Falle der ÖVP dürften die Interessen der Wirtschaft mehr Gewicht bekommen haben. Ein zweiter Lockdown wäre für viele Unternehmen nur schwer zu verkraften. Auch die ÖVP hofft nun – à la Suede – da irgendwie durchzukommen.