Türkis-Grün verschärft den Ton – und die Maßnahmen. Ab Freitag gelten striktere Vorgaben. Doch auch die Länder sollen Verantwortung tragen. Sie können einen Schritt weiter gehen.
Das Fiebermessen, die Maskenpflicht, die Plexiglaswände – die mahnenden Worte: Im Bundeskanzleramt war es am Montag so, als wäre wieder Frühling. Nicht im positiven Sinne. Denn nach einem Sommer der – verhältnismäßig – optimistischen Botschaften verschärfte die Bundesregierung wieder ihre Tonart. Und nicht nur die: Ab Freitag, null Uhr, gelten in ganz Österreich wieder strengere Regeln. Am Mittwoch wird die Verordnung (planmäßig) veröffentlicht. Gelten sollen die Regelungen für mindestens vier Wochen – und zwar bundesweit.
Damit will die Regierung also eine Grenze ziehen. Nach dem Sommer der Eigenverantwortung soll es einen Herbst (und Winter) der Vorgaben geben. Sie sollen aber nur zum Teil vom Bund kommen: Spitzt sich die Lage in einigen Regionen zu, sollen die Bundesländer die Regeln verschärfen können.
(Private) Treffen
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte eine „eindringliche Bitte“ an die Bevölkerung: „Bitte machen Sie mit! Sie können einen wichtigen Beitrag leisten.“ Es gelte weiterhin: Abstand halten, Mund-NasenSchutz tragen. Und bald auch zusätzlich: An Veranstaltungen und privaten Feiern ohne fixen Sitzplatz dürfen nicht mehr als sechs Personen teilnehmen (minderjährige Kinder nicht miteinberechnet). Im Freien dürfen es nicht mehr als zwölf Personen sein. Ein paar Beispiele für betroffene Events: Ein Treffen auf dem Spielplatz, ein Kurs in der Tanzschule (oder auch im Fitnessstudio), Geburtstagsfeiern oder Hochzeitsfeiern (kirchliche Trauung ausgenommen).
Eine Ausnahme gibt es für Begräbnisse. Hier gilt weiter eine maximale Teilnehmerzahl von 500 Personen, wobei es regionale Einschränkungen geben kann. Auch zu Hause solle man sich an die neuen Regeln halten – auch wenn die Regierung betont, dass sie dort nicht kontrollieren könne. Ein explizites Verbot gibt es also nicht. Damit wiederholt die Regierung nicht ihre Kommunikationslinie vom März („Es gibt nur fünf Gründe . . .“). Versucht aber darauf zu reagieren, dass die meisten Ansteckungen im privaten Bereich erfolgen.
Events und Gastronomie
Für die Gastronomie gelten dieselben Regeln wie für Privattreffen. Restaurants mit mehr als 50 Sitzplätzen brauchen allerdings ein Präventionskonzept, bisher war dies erst ab 200 Plätzen nötig. Bei allen anderen Veranstaltungen, die mehr als sechs (indoor) oder zwölf (outdoor) Personen umfassen, muss es zugewiesene Sitzplätze geben. Zusätzlich gibt es eine Anzeigepflicht bei der Gesundheitsbehörde. Ab 250 Teilnehmern ist eine Bewilligung nötig. Eine Maskenpflicht besteht dann sowohl in geschlossenen Räumen als auch im Freien. Und: Wenn es keine ganztägige Klausur oder Ähnliches ist, ist auch die Ausgabe von Speisen und Getränken nicht erlaubt.
Auch die Grenze bei der Teilnehmerzahl von genehmigten Events wird begrenzt: Nun sind es 1000 indoor (statt 1500) und 1500 im Freien (statt 3000). Vereinssport kann übrigens weiterhin ausgeübt werden – und zwar in der Anzahl, die für den Sport nötig ist. Privat auf einer Fußball-Partie darf man sich aber nicht treffen, erklärte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Bei Kursen für Kinder gelten dieselben Regeln (wenn es kein Mannschaftssport ist). Allerdings wird noch überlegt, bei Bewegung in größeren Hallen mehr Teilnehmer zuzulassen.
Mitreden bei den Corona-Maßnahmen: Droht ein zweiter Lockdown?
Altersheime
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hatte eine Grafik mitgebracht – mit „besorgniserregenden Zahlen“. Was laut Anschober auffällt: Das Durchschnittsalter der Neuinfizierten steigt wieder. Und:„Wir haben etliche Infektionsfälle in Alten- und Pflegeheimen.“ Daher verstärkt die Regierung die ohnehin schon strikten Regeln – sie sollen nun bundesweit einheitlicher werden: Es gilt bald eine Maskenpflicht in allgemeinen Bereichen. Neu aufgenommene Bewohner werden getestet, für das Personal soll es regelmäßig Screenings geben. Und noch eine Regelung kündigte die Regierung an, ohne allerdings ins Detail zu gehen: „Verpflichtende Tests für Personen, die aus dem Ausland einreisen und in körpernahen Dienstleistungen arbeiten.“
Die Bundesländer
Die Regierung präsentierte die neuen Maßnahmen nach einer zweistündigen Videokonferenz mit den Bundesländern. Sie will ein Zeichen setzen und reagieren. Ein Teil der Verantwortung soll aber offenbar auch von den Bundesländern getragen werden. Sie sollen über regionale Verschärfungen entscheiden können. Eine Liste mit möglichen Optionen wurde aber von der Regierung schon vorgelegt: Dort findet sich zum Beispiel die Wiedereinführung von Fernunterricht. Aber auch eine Maskenpflicht im Freien, ein Alkoholverbot auf Plätzen. Betretungsverbote für Gastronomie sowie Quarantäne für Bezirke. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte auch verschärfte Kontrollen der Polizei an. Die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde entscheidet aber darüber, wie hoch die Strafe (innerhalb des Rahmens) ausfällt.
Leitartikel von Oliver Pink
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2020)