US-Wahlkampf

Trump bricht TV-Interview ab und droht mit Veröffentlichung

US-Präsident Donald Trump bezeichnet kritische Medien als Volksfeinde
US-Präsident Donald Trump bezeichnet kritische Medien als VolksfeindeAPA/AFP/SAUL LOEB
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US-Präsident Trump liefert sich einen Streit mit Journalistin Lesley Stahl. CBS sagt, er habe das Interview abgebrochen, Trump widerspricht, nennt Stahl „fake“ und wirft ihr vor, keine Maske getragen zu haben.

US-Präsident Donald Trump hat ein TV-Interview laut dem Sender CBS vorzeitig abgebrochen. Trump beschwerte sich anschließend über Twitter, das Interview mit der renommierten Journalistin Lesley Stahl sei "fake" und "parteiisch" und er erwäge deshalb, es noch vor der geplanten Ausstrahlung am Sonntag zu veröffentlichen. Jeder solle diesen "furchtbaren Eingriff" in die Wahl am 3. November mit Interviews vergleichen können, die mit seinem Herausforderer Joe Biden geführt wurden.

Der Sender CNN schrieb unter Berufung auf zwei Quellen, Trump habe 45 Minuten lang mit Stahl zusammengesessen und das Interview plötzlich beendet. Als Grund habe er angegeben, dass sie genug Material für die Sendung habe. Trumps Wahlkampfberater Jason Miller bestritt einen Abbruch und sprach von "Fake News". "Kein Drama, das Interview hat nicht abrupt geendet", zitierte CBS Miller.

In weniger als zwei Wochen, am 3. November, wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Die Sendung "60 Minutes" gehört zu den erfolgreichsten Formaten im US-Fernsehen. Das Interview soll Teil einer "60-Minutes"-Sonderausgabe über den Republikaner Trump und seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden an diesem Sonntag sein. Die 78 Jahre alte TV-Journalistin Stahl arbeitet seit 1991 für "60 Minutes". Sie hatte nach Angaben von CBS 2016 das erste TV-Interview mit Trump nach dessen Wahlsieg geführt. 2018 interviewte sie ihn erneut.

„Lesley Stahl wird nicht glücklich darüber sein"

Bei einem Wahlkampfauftritt am Dienstagabend in Erie im US-Staat Pennsylvania schien Trump CBS zu drohen. "Ihr müsst Euch anschauen, was wir mit '60 Minutes' machen. Ihr werdet einen solchen Kick daraus bekommen", sagte der Präsident vor jubelnden Anhängern. "Lesley Stahl wird nicht glücklich darüber sein." Bereits zuvor hatte Trump ein kurzes Video auf Twitter veröffentlicht, zu dem er schrieb: "Lesley Stahl von '60 Minutes' ohne Maske im Weißen Haus nach ihrem Interview mit mir. Da kommt noch viel mehr."

Stahl trug laut CBS eine Maske, als sie das Weiße Haus betreten und den Präsidenten begrüßt habe. Sie habe die Maske vor dem Interview abgenommen, als sie genug Abstand gehabt habe. Zu dem von Trump veröffentlichten Clip, auf dem die Journalistin ohne Maske zu sehen ist, gab CBS an, Stahl habe mit Mitarbeitern ihrer Crew gesprochen, alle seien am Dienstag negativ auf das Coronavirus getestet worden.

Trump und die Medien

Trump war zu Monatsbeginn selbst an Covid-19 erkrankt und galt bis dahin als konsequenter Masken-Ablehner. Selbst während seiner Erkrankung nahm er den Mundschutz bei seiner Rückkehr ins Weiße Haus demonstrativ ab. Medien, die kritisch über ihn berichten, bezeichnet der US-Präsident als "Volksfeinde" und ihre Berichte als "Fake News". Sein Vorwurf, US-Medien würden Biden nicht annähernd so hart angehen wie ihn, ist eines seiner Leitmotive im Wahlkampf. Als sein Haussender gilt das erzkonservative Sender-Imperium Fox, wo Trumps Ideen und Beschuldigungen meist unwidersprochen bleiben.

Trump hatte in der vergangenen Woche bereits auf wiederholte Nachfragen der TV-Journalistin Savannah Guthrie von NBC sehr gereizt reagiert. US-Medien schrieben danach, Trump sei regelrecht "gegrillt" worden. Guthrie hatte sich mit einigen Antworten von Trump nicht zufriedengegeben und nachgefragt oder Aussagen von Trump sachlich richtig gestellt. Trump hatte beispielsweise behauptet, seine Regierung habe zwei Millionen Menschen während der Corona-Pandemie das Leben gerettet. Zwei Millionen Tote beruhen jedoch auf der Annahme, dass die Regierung überhaupt keine Maßnahmen ergriffen und die Bevölkerung sich auch nicht geschützt hätte.

(APA/dpa)

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