Coronavirus

Keine Coronatest-Pflicht: 2500 Touristen verließen Berchtesgaden vor Lockdown

Die Polizei kontrolliert in Berchtesgaden die Ausgangssperre, die für 14 Tage gilt.
Die Polizei kontrolliert in Berchtesgaden die Ausgangssperre, die für 14 Tage gilt.REUTERS
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Nach der Verkündung der strikten Ausgangsbeschränkungen im bayerischen Landkreis verließen rund 2500 Gäste, die zu den beginnenden Herbstferien angereist waren, die Region - ohne verpflichtende Tests.

Der bayerische Landkreis Berchtesgaden ist im Ausnahmezustand. Die Coronazahlen veranlassten die Politik zu einem Lockdown und einer Sperre des Landkreises, was dazu führte, das Hunderte Touristen übereilt die Region verließen. Knapp 2500 Menschen sollen es gewesen sein, schätzt der Berchtesgadener Land Tourismusverband die Zahl der abgereisten Gäste rund um den Watzmann und den Königssee. Immerhin hatten gerade erst die Herbstferien begonnen.

Verpflichtende Tests für all diese Menschen gibt es aber nicht, wie der bayerische Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) am Dienstag erklärte. Es liege in der Verantwortung jedes Einzelnen, sich nach einem Aufenthalt in einem Risikogebiet zu überlegen, "wo er überall war", und sich dann auch "durchaus sicherheitshalber selber testen zu lassen".

Die Wohnung kann man im Landkreis seit Dienstagnachmittag nur noch verlassen, wenn man einen triftigen Grund dafür hat. 14 Tage lang soll dieser Lockdown nun andauern. Die Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis lag am Montag bei 272,8. Soviele Neuinfektionen mit dem Coronavirus wurden in den letzten sieben Tagen pro 100.000 Einwohnern also gezählt. Zum Vergleich: Am Montag lag die Siegen-Tage-Inzidenz in Österreich bei 114.

Kein Automatismus

Aber diese Zahl alleine soll in Bayern nicht automatisch darüber entscheiden, ob extreme Maßnahmen wie in Berchtesgaden auch in anderen Gegenden angewandt werden. Über derartige Ausgangsbeschränkungen werde im Einzelfall entschieden, erläutert Staatskanzleichef Florian Herrmann nach einer Kabinettssitzung. "Also kein Automatismus, keine Marke, sondern eine fachkundige, sachkundige, inhaltliche Abwägung." Bayern hat auch eine so genannte "Corona-Ampel" eingeführt, die vom Infektionsgeschehen abhängige Versammlungsbeschränkungen und Maskenpflichten vorsieht.

Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband bezeichnet den Lockdown als "tiefen und schmerzhaften Schlag". "Wir müssen nun gemeinschaftlich alles daransetzen, dass aus dem Lockdown kein Knockout für unsere Branche und somit für den Tourismus sowie die regionalen Wirtschaftsstrukturen wird", erklärt Dehoga-Landesverbandschefin Angela Inselkammer.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier verteidigte die Entscheidung für einen lokalen Lockdown. Die Infektionszahlen dort seien fünfmal so hoch als zu tolerieren wäre. "Deshalb habe ich größten Respekt vor den Verantwortlichen vor Ort, vor dem Landrat, Bürgermeister, aber auch vor der bayerischen Staatsregierung, weil sie schnell und umfassend handeln", sagt der CDU-Politiker zu RTL/ntv. "Damit helfen sie uns, einen allgemeinen Lockdown in ganz Deutschland zu verhindern."

Bouffier: „Werden wir häufiger sehen"

Und Berchtesgaden wird wohl kein Einzelfall bleiben. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier rechnen in der näheren Zukunft mit weiteren regionalen Beschränkungen. "Dinge wie in Berchtesgaden werden wir jetzt häufiger sehen", sagt Lauterbach den Zeitungen der "Funke Mediengruppe" (Mittwochsausgaben). "Wir können nur reagieren durch lokale Shutdowns, insofern sind die auch angemessen.“ Bouffier (CDU) spricht sich daher gegen die Forderung desvbayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) aus, mehr Zuständigkeiten bei der Pandemiebekämpfung von der Landes- auf die Bundesebene zu verlagern. "Gerade die föderale Struktur der Bundesrepublik macht es möglich, zielgerichtete Maßnahmen zu ergreifen und so deren Wirksamkeit zu erhöhen", sagt Bouffier der Zeitungsgruppe in einem separaten Interview.

(Red./Reuters)

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