Morgenglosse

Von der gescheiterten Vorbildwirkung

Im Parlament gab es schon mehrere Fälle.
Im Parlament gab es schon mehrere Fälle. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Der U-Ausschuss-Cluster ist mit diesen Bedingungen nur eine Frage der Zeit.

Beinahe täglich mahnt die Regierung vorbildliches Verhalten ein. Nur wenn jeder seinen Beitrag leiste, könne die Pandemie besiegt werden, heißt es.

Da verwundert es, wie schleißig im direkten Gestaltungsbereich der Politik mit dem Virus umgegangen wird. Im U-Ausschuss zum Beispiel. Die Arbeitsbedingungen sind für Journalisten wie Abgeordnete schlecht, und das, obwohl beide Berufsgruppen berufsbedingt viel Kontakt zu Menschen haben und das Infektionsrisiko dementsprechend groß ist. Abgeordnete und Mitarbeiter haben kaum Platz. Journalisten sitzen eng in sogenannten Medienräumen zusammen. Fenster dürfen nur in den Pausen geöffnet werden. Also alle drei bis vier Stunden. Maskenpflicht gilt nicht für alle - und FPÖ-Abgeordnete verzichten aus Prinzip darauf. Personal des Parlaments steht tratschend ohne Schutz und Abstand zusammen. Video-Übertragungen des Ausschusses über sichere Leitungen soll es nicht geben. Verpflichtende Tests im Vorfeld gibt es nicht.

Medien wie Parlament gehören zur kritischen Infrastruktur in diesen Tagen. Sollte ein positiver Fall auftreten, heißt das Quarantäne für viele – und dass zwei Säulen des Staates zum Teil zusammenbrechen könnten. Dieses Risiko unter dem Deckmantel der Bürokratie einzugehen, ist verantwortungslos. Platz gäbe es in der Hofburg nämlich mehr als ausreichend. Man müsste ihn nur nützen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2020)

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