Unternehmen mit Verantwortung

Die Verantwortung steckt im Burger

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„Österreicher des Jahres“ sind Irene und Karl Schillinger. Ihre Swing-Kitchen-Restaurants boomen – auch in der Krise.

Die Überraschung ist geglückt. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak platzten mitten in eine Team-Besprechung im Swing-Kitchen-Restaurant in der Schottenfeldgasse in Wien Neubau. Vor ihren Mitarbeitern erfuhren Irene und Karl Schillinger, dass sie zu „Österreichern des Jahres“ gekürt wurden. Die Leserinnen und Leser der „Presse“ hatten die Restaurantkette, die auf veganes Fastfood setzt, klar auf den ersten Platz gevotet. Auch ein Beweis dafür, dass Swing Kitchen über eine große Fangemeinde verfügt. Und diese Fans sind bekanntlich nicht unbedingt Veganer. Genauer: „80 Prozent unserer Gäste sind keine Veganer“, sagt Irene Schillinger.

Die Coronapandemie erforderte es, dass der Preis heuer nicht im Rahmen einer Gala, sondern in Form eines „Überfallskommandos“ verliehen wurde. Der Freude tat dies aber keinen Abbruch. Unter dem Jubel der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahmen die Schillingers ihre Auszeichnung entgegen. Und auch wenn Wirtschaftskammer-Chef Mahrer und „Presse“-Chef Nowak alles andere als Veganer sind, diese Auszeichnung freute beide sehr. Denn gerade in Zeiten wie diesen wurde ein Gastronomieunternehmen ausgezeichnet, das mit jeder Menge Innovationsgeist und Optimismus in die Zukunft blickt.

Neun Restaurants betreibt Swing Kitchen in Wien, weitere in Graz, Berlin und Bern. 220 Mitarbeiter müssen nicht um ihren Job fürchten. Im Gegenteil: Irene und Karl Schillinger schmieden bereits neue Expansionspläne. Der Hunger nach veganer Küche muss schließlich gestillt werden.

Angefangen hat alles mit dem Dorfgasthaus der Familie Schillinger in Großmugl im niederösterreichen Weinviertel. Dort wuchs „Charly“ Schillinger auf. Als der Vater früh stirbt, sind da fünf Schweine im Stall, und Charly bringt es nicht übers Herz, sie zu töten. Die ganze Familie beschloss, kein Fleisch mehr zu essen. „Wir waren die ersten Vegetarier in Großmugl“, erzählt Schillinger. Das Wirtshaus ließ er bleiben, stattdessen zog es ihn als Fondsmanager in die Finanzwelt.

Im Wirtshaus Schillinger kochte Irene Schillinger nur noch zum Spaß. Natürlich vegan. Freunde wurden eingeladen. Und irgendwann waren die Koch-Sessions so beliebt, dass das Gasthaus modernisiert und neu eröffnet wurde. Das vegane Gasthaus Schillinger. Eine Sensation. Groß beworben wurde die vegane Küche nicht, dennoch lockte sie Neugierige aus allen möglichen Richtungen an. Es gab Schnitzel, Wildragout und sogar Martini-Gansl. Aber eben auf veganer Basis. „Bei uns diskutierten Jäger, ob das Wildragout vom Reh oder vom Hirsch ist“, erzählt Schillinger und lacht.

Lockere Küche, ernstes Thema

Irgendwann reifte die Idee, eine vegane Restaurantkette zu gründen. Systemgastronomie. „Wir haben drei Jahre an dem Projekt getüftelt“, sagt Irene Schillinger. Dann standen Konzept und Name fest. Die erste Swing Kitchen sperrte 2015 auf.

Der Swing entstand in der Zwischenkriegszeit. Lockere Musik in einer sehr ernsten Zeit. Swing Kitchen sei eben lockere Küche zu einem ernsten Thema, nämlich Tier- und Umweltschutz. Die Schillingers servieren ihre Botschaft „ohne erhobenen Zeigefinger, sondern mit Fröhlichkeit“, erklärt die Chefin. Aber natürlich wird in den Restaurants auch unterschwellig serviert, dass ein veganer Burger weniger Ressourcen verbraucht und nachhaltiger ist als Fleisch. Das nennt man dann „Unternehmen mit Verantwortung“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2020)

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