Religion und Sexualität

Auf einen Zungenkuss mit Jesus Christus

Ein Detail der „Verzückung der heiligen Teresa“ von Bernini, in Santa Maria della Vittoria in Rom.
Ein Detail der „Verzückung der heiligen Teresa“ von Bernini, in Santa Maria della Vittoria in Rom.(c) Getty Images
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Geheiligt sei der Sex der Seele: In „Diesseits von Eden“ sucht der Ethnologe Hans Peter Duerr mit Unmengen an verstörendem Material nach dem Ursprung des religiösen Gefühls. Das macht ratlos, regt aber zum Weiterdenken an.

Die Frau liegt hingesunken da, die Augen zu, der Kopf zurückgeworfen, der Mund halb offen. Ein schöner junger Engel, auch er aus feinst poliertem Carraramarmor, ist gerade lächelnd dabei, ihr einen goldenen Pfeil in den Leib zu stoßen: So hat der große Barockbildhauer Gian Lorenzo Bernini ein mystisches Erlebnis dargestellt, die „Verzückung der heiligen Teresa“ – für viele Kunstliebhaber allein Grund genug, nach Rom zu pilgern. Aber sie zog stets auch Spötter an. „Wenn das die himmlische Liebe ist, kenne ich sie auch“, lästerte der Aufklärer Charles de Brosses. „Welche Wollust!“, mokierte sich Stendhal. Weniger elegant drückte es in jüngerer Zeit der Psychoanalytiker Jacques Lacan aus: „Sie kommt gerade, daran besteht kein Zweifel.“

Hat der Künstler damit Teresa von Ávila, die Patronin Spaniens, „in den Schmutz gezogen“, wie ihm manche noch zu Lebzeiten vorwarfen? Bernini zeigt die Vision genauso, wie die Mystikerin sie schildert. Mehrmals, schreibt sie, habe der Engel ihr Herz durchbohrt. Das tat weh, aber zugleich empfand sie „eine so unendliche Süße, dass ich dem Schmerz ewige Dauer wünschte“. Ein geistiges Erlebnis, gewiss, „wiewohl der Leib in nicht geringem Maße daran teilnimmt“.

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