Schule

„Ich kann dem allgemeinen Chaos-Vorwurf nichts abgewinnen“

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Archivbild.(c) APA/dpa/Gregor Fischer
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Es habe in den Schulen nur in Einzelfällen Schwierigkeiten gegeben. Sie seien gut aufgestellt. Das sagen Gesundheits- und Bildungsminister. Dennoch haben sie neue Leitlinien vorgelegt, um die Unsicherheit aus dem System zu bringen. Sie versprechen schnellere Testergebnisse und weniger unnötige Quarantänen.

Wien. Die Kritik am Coronamanagement in den Schulen wird immer lauter. Das ist auch der Bundesregierung nicht verborgen geblieben. Wohl nicht ganz zufällig haben sich deshalb Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Donnerstag vor die Medien gestellt und ein überarbeitetes Gesamtkonzept für den Bildungsbereich vorgelegt.

„Ich kann dem allgemeinen Chaos-Vorwurf – manchmal lese ich das im Boulevard – überhaupt nichts abgewinnen“, sagte Faßmann. Der Großteil der Eltern sei mit dem bisherigen Schuljahr trotz Corona sehr zufrieden. Das zeige sich in ihm vorliegenden Umfragen. Ein Chaos sieht auch der Gesundheitsminister nicht. Immerhin habe man die Dinge im Sommer „sehr gut und präzise vorbereitet“.

Ausgereicht hat das offenbar dennoch nicht. Das ist auch den Ministern nicht entgangen. „Wir haben in den vergangenen Wochen bemerkt, dass es in Einzelfällen – dreifach unterstrichen – auch Interpretationsunterschiede gegeben hat.“ Deshalb wurde nun eine überarbeitete 48-seitige Hygiene-, Präventions- und Verfahrensleitlinie vorgelegt.

In dieser ist auch der Umgang mit Corona-Verdachtsfällen festgelegt. Genau dieser hat in den Schulen zuletzt für Probleme gesorgt. Lange Wartezeiten auf Testergebnisse und ein schleppendes Contact Tracing (insbesondere in Wien) haben die Direktoren vor Herausforderungen gestellt. Oft haben sie in Eigenregie über Schulbesuche entschieden und ganze Klassen präventiv in Quarantäne geschickt. Rechtlich können sie das freilich gar nicht. Zeitlich erschien es ihnen aber nicht anders möglich. Denn die Mühlen der Gesundheitsbehörden mahlten mancherorts zu langsam.

Hier stellen Gesundheits- und Bildungsminister Verbesserungen in Aussicht. Es soll kein langes Warten auf Tests und keine unnötigen Quarantäne-Maßnahmen mehr geben. „Die Gesundheitsbehörden (. . .) werden sich mehr bemühen (. . .), die Testung innerhalb von 24 Stunden durchzuführen und das Ergebnis innerhalb von 48 Stunden vorliegend zu haben.“ So formulierte es der Bildungsminister. Abhängig wird man hier allerdings weiterhin von der örtlichen Gesundheitsbehörde sein.

Für Abhilfe sollen aber auch im Schulbereich die sogenannten Antigen-Tests sorgen. Die Schnelltests liefern innerhalb von einer Viertelstunde ein Ergebnis mit recht hoher Zuverlässigkeit. Erst seit Donnerstag sind sie bei Hausärzten zugelassen. In den Schulen sollen sie nach den Herbstferien zum Einsatz kommen. Allerdings nicht flächendeckend. Vorerst wird das nur in drei Bezirken (Mödling, Innsbruck und Innsbruck Land) der Fall sein. Man will die Logistik nicht überstrapazieren. Erst ab Dezember werden die Tests österreichweit ausgerollt. Durchgeführt sollen sie entweder vom Schularzt oder von einem mobilen Ärzteteam werden.

Keine Quarantäne bei engem Kontakt

Auch in den Schulen werden erst bei der Bestätigung einer Erkrankung die identifizierten Kontaktpersonen verständigt. Und zwar von der Gesundheitsbehörde. „Bis zu einer allfälligen Kontaktierung seitens der Gesundheitsbehörde und anderslautenden Anweisungen besuchen alle Kinder weiterhin die Schule und verbleiben im Klassenverband.“ So steht es in dem Papier geschrieben. Das soll dem eigenmächtigen Agieren so mancher Bildungsdirektionen und Direktoren einen Riegel vorschieben.

Wer in Quarantäne muss, soll neuerdings übrigens nicht mehr die Behörde im Wohnbezirk entscheiden, sondern jene, in der die betroffene Schule ansässig ist. So sollen unterschiedliche Entscheidungen innerhalb einer Klasse vermieden werden. Wobei ein Krankheitsfall nicht grundsätzlich bedeutet, dass automatisch eine ganze Klasse in Quarantäne geschickt werden muss.

Bei Volksschulen gibt es hier überhaupt eine Lockerung. Taucht dort ein positiver Fall auf, dann werden nicht mehr alle Mitschüler getestet, außerdem müssen auch die engen Kontaktpersonen nicht mehr automatisch in Quarantäne. Sie gelten nicht mehr als sogenannte K1-Person. Eine entsprechende Empfehlung hatte der Gesundheitsminister Mitte September abgegeben. Nun ist die Vorgabe bindend. Im Fall von Kindergärten gelten all diese Neuerungen als Empfehlungen.

Die Schulen wollen beide Minister „so lang es vertretbar ist“ offen halten. Darüber dürften sich nicht alle Mitglieder der Regierung immer ganz einig sein. Man müsse sich, sagte Faßmann, aber von der Illusion befreien, dass eine zweiwöchige Schulschließung alles sehr viel besser mache. Die Schulen seien „ein vergleichsweise sicherer Ort“. Derzeit seien nur sieben von rund 6000 Schulen gesperrt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2020)

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