Unterwegs

Führungen im Internet

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Tourguides verlegen ihre Führungen ins Internet. Und wir wissen immer noch nicht, ob wir morgen auf Urlaub fahren.

Gütiger, was für eine Aufregung wegen eines Familienurlaubs in Südtirol! Als ob es in den Hindukusch ginge, oder nach Berg-Karabach (fehlt mir beides noch, steht aber auch nicht auf der Wunschliste).

Stattdessen: nur Alto Adige. Doch seitdem sich Länder Reisewarnungen – darf ich anmerken, dass das Korrekturprogramm dieses schon so geläufige Wort in Unkenntnis noch rot unterstreicht – um die Ohren hauen und die eigene Stadt als Risikogebiet gilt, am Wiener Autokennzeichen also quasi der Aussatz haftet, ist die Gelassenheit dahin. Man muss gar hoffen, unterwegs nicht angefeindet zu werden, zum Beispiel in Kärnten, wo offenbar die Corona-Streber zu Hause sind. Die Südtiroler brauchen einem dagegen nichts zu erzählen, die bekamen selbst eine Reisewarnung von Deutschland verpasst. Jawohl, wir gehen es über den Süden an, dauert zwar länger, aber seit Kurzem ist das deutsche Eck tabu, seit die Bayern frische und vor allem negative Tests sehen wollen (in meiner Schulzeit hatte ich einige davon zu bieten).

Wird es so weit kommen, dass wir uns in andere Länder nur noch zoomen können? Tourguides bieten neuerdings Führungen im Internet an. Finde ich rührend. Und traurig, weil dieser so enthusiastischen und nicht übermäßig verwöhnten Berufsgruppe der Boden unter den Füßen abhanden kam. Ist auch gar keine schlechte Idee – klaro nicht als Ersatz, aber als Appetizer: Wie der Dia-Abend, nur vorher. Man wird gebrieft, was man dann wirklich sehen will und was man lassen kann. Aber ob wir morgen fahren, weiß ich noch immer nicht.

timo.voelker@diepresse.com

Nächste Woche: Karl Gaulhofer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2020)

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