"Ein wirklich feiner Kerl"

Deutscher Bundestags-Vizepräsident Oppermann überraschend gestorben

Thomas Oppermann wurde 66 Jahre alt.
Thomas Oppermann wurde 66 Jahre alt.(c) imago images/Charles Yunck (Charles Yunck via www.imago-images.de)
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Der langjährige SPD-Politiker war kurz vor einem Live-Interview im ZDF zusammengebrochen. „Wir alle verlieren einen Freund – und sind traurig“, teilte SPD-Vizekanzler Olaf Scholz mit.

Deutschland ist an diesem Montag mit einer traurigen Nachricht aufgewacht: Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann ist tot. Der langjährige SPD-Politiker war am Sonntagabend bei Dreharbeiten mit dem ZDF zusammengebrochen. Oppermann sollte als Live-Interviewgast aus Göttingen in die Sendung „Berlin direkt“ zugeschaltet werden. „Wir haben noch im Vorgespräch zur geplanten Schalte den wie stets professionellen und entspannten Politiker Thomas Oppermann erlebt“, teilte der Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios mit. Doch während ein anderer Beitrag bei "Berlin direkt" lief, brach Oppermann plötzlich zusammen. Er wurde in die Uniklinik Göttingen eingeliefert.

Oppermann war zum Thema Corona in die Sendung geladen gewesen. Er hatte zuletzt wie Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) auf mehr Mitsprache des Parlaments im Kampf gegen die Pandemie gedrängt.

Ein Pragmatiker

Oppermanns politische Karriere begann in Niedersachsen, der SPD-Kaderschmiede, die schon Kanzler Gerhard Schröder und Vizekanzler Sigmar Gabriel hervorgebracht hat. 2005 wechselte er in den Bundestag in Berlin und stieg bald zum parlamentarischen Geschäftsführer (2007 bis 2013) auf. Für Aufsehen sorgte seine scharfe Kritik in der NSA-Affäre an Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Im Bundestagswahlkampf 2013 holte ihn Spitzenkandidat Peer Steinbrück in sein Kompetenzteam für den Bereich der Innen- und Rechtspolitik. Doch aus einem Ministeramt, wie es sich Oppermann gewünscht hätte, wurde nach der Wahl nichts. Der Jurist wurde aber Chef der SPD-Fraktion, einem von mehreren Machtzentren in der Partei.

Oppermann galt als Pragmatiker. Seinen Wahlkreis Göttingen hat er viermal in Folge als Direktkandidat gewonnen. Ein Kunststück angesichts der Krise der SPD. 

Seit Dezember 2017 bekleidete Oppermann das Amt des Vizepräsidenten des Bundestags. Vor zwei Monaten hatte der 66-Jährige angekündigt, bei den nächsten Bundestagswahlen im Herbst 2021 nicht mehr zu kandidieren. Nach 30 Jahren in der Spitzenpolitik wolle er „noch einmal etwas anderes machen“ und sich neue Projekte vornehmen, sagte Oppermann damals.

„Wir alle verlieren einen Freund"

Am Montag herrschte Fassungslosigkeit in der SPD. Vizekanzler Olaf Scholz sprach von einem „Schock": „Unser Land verliert einen versierten Politiker, der Bundestag einen herausragenden Vizepräsidenten und die SPD einen leidenschaftlichen und kämpferischen Genossen. Wir alle verlieren einen Freund – und sind traurig.“ 

Der Sohn eines Molkereimeisters wurde am Montag auch über die Parteigrenzen hinweg gewürdigt: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) schrieb auf Twitter: „Du warst ein großartiger Demokrat und ein wirklich feiner Kerl.“ Kanzlerin Angela Merkel ließ über ihren Sprecher mitteilen: „Ich bin bestürzt und traurig über den viel zu frühen Tod Thomas Oppermanns“. Sie habe den SPD-Politiker über viele Jahre als “verlässlichen und fairen sozialdemokratischen Partner in Großen Koalitionen geschätzt".

Oppermann hinterlässt vier Kinder, drei Töchter und einen Sohn.

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