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SAP kann Prognosen nicht halten

(c) APA/AFP/DANIEL ROLAND
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Der Softwarekonzern will sich stärker auf die Cloud konzentrieren, die Aktie stürzt ab.

Wien. Die Coronakrise setzt Europas größtem Softwarehersteller, der deutschen SAP, stärker zu als bisher gedacht. Weil die Nachfrage wegen neuer Beschränkungen zuletzt verhaltener ausfiel als erwartet, geht das Management um Vorstand Christian Klein heuer nun von weniger Umsatz aus, auch der operative Gewinn dürfte nicht mehr so hoch ausfallen wie geplant.

SAP rechnet bis Mitte kommenden Jahres mit Belastungen durch Corona, was auch die für 2023 gesetzten Mittelfristziele um ein bis zwei Jahre nach hinten verschiebt. Wegen des noch schnelleren Umstiegs auf Cloudsoftware müssen sich Anleger nun darauf einstellen, dass SAP bis dahin auch kaum Fortschritte bei der Profitabilität machen wird.

Daraufhin stürzte die Aktie ab. In den ersten Handelsminuten am Montag fiel das Papier des wertvollsten deutschen Konzerns bis zu 21 Prozent auf knapp unter 99 Euro. Der Kurs rutschte damit erstmals seit Anfang April unter die Marke von 100 Euro. Für Börsianer war das Paket aus schwachen Zahlen zum dritten Quartal und zurechtgestutzten Prognosen „eine böse Überraschung“, wie es ein Händler formulierte.

Kleins Vorgänger an der Konzernspitze, Ex-Chef Bill McDermott, hatte nach Jahren des Margenschwunds versprochen, dass SAP nun endlich die Früchte ernten werde und die bereinigte operative Marge (bereinigtes Ebit) im Jahr 2023 rund fünf Prozentpunkte über derjenigen von 2018 (29 Prozent) liegen sollte. Daraus wird nun nichts. SAP stellte den Finanzmarkt darauf ein, dass das starke Wachstum der Cloudangebote 2023 wohl vier bis fünf Prozentpunkte bei der operativen Marge kosten wird.

„Ich opfere den Erfolg unserer Kunden nicht der kurzfristigen Optimierung unserer Marge“, sagte Klein am Montag in einer Telefonkonferenz. Die Kunden fragten verstärkt Software aus der Cloud zur Nutzung über das Internet nach, insofern wäre das Beibehalten der alten Mittelfristziele mit dem Fokus auf die eigene Profitabilität gegen deren Wünsche gewesen. Finanzchef Luka Mucic ergänzte, dass das Management das Unternehmen nicht nach der operativen Marge steuere: „Wir wollen ein Wachstumsunternehmen bleiben.“

Höhere Ausgaben für die Cloud

Zwar wächst die Software zur Nutzung über das Internet stärker als bei den Kunden fest installierte Programme, doch sie ist noch immer nicht so profitabel wie die einmaligen Lizenzgebühren. Für das Wachstum mit Cloudsoftware will SAP jetzt mehr Geld in die technische Infrastruktur stecken. So seien voraussichtlich kommendes und übernächstes Jahr zusätzliche Ausgaben erforderlich. Mucic bezifferte die nötigen Investitionen auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag.

Heuer rechnet SAP nun mit einem Gesamtumsatz von 27,2 bis 27,8 Mrd. Euro auf Basis konstanter Wechselkurse. Schlägt der starke Euro besonders hart bei der Umrechnung von ausländischen Erlösen zu Buche, sind auch Werte darunter möglich.

Beim bereinigten Betriebsergebnis kürzte das Unternehmen die Pläne am oberen Ende der erwarteten Spanne ebenfalls. Bereits im April hatte SAP die ursprünglichen Jahresziele wegen der Coronakrise eingedampft. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2020)

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