Interview

Historiker Niall Ferguson: „Die Außenpolitik von Barack Obama war ein Desaster“

Der britische Historiker Niall Ferguson im Interview über die Politik der Präsidenten Barack Obama und Donald Trump. Auszug aus dem neuen „Presse"-Magazin „Die USA. Geschichte einer Weltmacht“.

Der britische Historiker Niall Ferguson hält die Diagnosen über den Niedergang der Weltmacht USA für übertrieben, bezeichnet Europa als geopolitischen Nebenschauplatz und bescheinigt dem „anti-imperialistischen Populisten“ Donald Trump, eine effizientere Strategie gegenüber dem Iran und China verfolgt zu haben als dessen Amtsvorgänger. Die Konstellation rund um Taiwan betrachtet er als hochgefährlich: „So beginnen Kriege.“

Die Presse: Sie haben vor 16 Jahren über den Aufstieg und Fall des US-Imperiums geschrieben. „Colossus“ hieß das Buch. Steht der Koloss nach wie vor auf zwei Füßen oder ist die Macht der USA seither gebröckelt?

Niall Ferguson:
Ich glaube nicht, dass die USA als Weltmacht erledigt sind. Ihre Militärpräsenz in Europa und Asien ist immer noch beträchtlich. Es ist modisch geworden, das Ende der US-Vorherrschaft zu konstatieren oder wegen Donald Trump sogar das Ende der Republik. Doch das ist alles übertrieben. Die USA werden nicht so bald aufhören, eine Großmacht zu sein. China hat in Wirklichkeit viel größere Probleme. Erinnern Sie sich an Paul Kennedy und sein Buch „Aufstieg und Fall der großen Mächte“? Viele machen dieselben Fehler wie er in den 1980er-Jahren, wenn sie glauben, mit Amerika sei es vorbei.

War das gescheiterte Abenteuer im Irak ein entscheidender Moment für den internationalen Machtverlust der USA?

Nein, die Grenzen des amerikanischen Imperiums wurden schon vorher auf viel desaströsere Weise sichtbar: in Vietnam. Die Terroranschläge vom 11.  September 2001 schufen einen relativ kurzlebigen Moment, in dem die Amerikaner bereit waren, Soldaten nach Übersee zu schicken und ferne Schlachten zu schlagen. Danach kehrte Amerika zu seinem normalen Gemütszustand zurück, zu einer Semigleichgültigkeit gegenüber dem Rest der Welt. Spätestens um 2008 herrschte in Amerika die Stimmung vor, diese langweiligen Kriege im Irak und Afghanistan zu beenden.

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