Kapazitäten

Spitäler verschieben geplante Eingriffe (schon bald) wieder

Angesichts der steigenden Corona-Zahlen schichten die Krankenhäuser ihre Ressourcen um. Im Bild eine Archivaufnahme aus Frankreich.
Angesichts der steigenden Corona-Zahlen schichten die Krankenhäuser ihre Ressourcen um. Im Bild eine Archivaufnahme aus Frankreich.APA/AFP/LUCAS BARIOULET
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Die Krankenhäuser machen Platz für Corona-Patienten. Das kündigen Oberösterreich, Tirol und Wien an.

Die Spitalskapazitäten sind in Österreich (noch) nicht erschöpft. Angesichts der steigenden Zahl an Corona-Patienten beginnen sich die Krankenhäuser allerdings zu rüsten und schichten ihre Ressourcen um. Teilweise werden bereits erste elektive, also ausgewählte, Leistungen heruntergefahren.

So kündigten das beispielsweise Oberösterreichs Spitäler an. Insgesamt stehen dort knapp 7500 Normal- und 243 Intensivbetten zur Verfügung. Derzeit werden mehr als 330 Covid-19-Patienten in den Krankenhäusern des Bundeslandes behandelt, davon 30 auf Intensivstationen. Die Intensivbetten können zwar etappenweise auf 270, 358 und in einem dritten Schritt sogar auf 420 aufgestockt werden. Das Problem sind aber weniger die Beatmungsgeräte etc., sondern das Personal, warnte Jens Meier, Vorstand der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Linzer Kepler Uniklinikum (KUK).

Derzeit seien die Intensivstationen in Oberösterreich zu 68 Prozent ausgelastet, rechnete Meier, vor. Um noch auf Notfälle reagieren zu können, sollten Intensivstationen mit maximal 80 Prozent Auslastung laufen. "Wenn die Intensivstation immer zu 100 Prozent voll ist, kann man keine Reanimationen mehr machen oder Autounfälle aufnehmen." Man werde daher jene Eingriffe, die sich verschieben lassen, verschieben. "Aber auch elektive Eingriffe sind indiziert", warnte er, müssten also irgendwann nachgeholt werden.

„Das ist der nächste Schritt"

Auch in Tirol ist man von einer Verschiebung planbarer medizinischer Eingriffe nicht mehr weit entfernt. „Noch passiert das in Tirol noch nicht. Doch das ist dann der nächste Schritt“, sagt Günter Weiss, Direktor der Inneren Medizin in Innsbruck, im ORF-Morgenjournal. Dieser nächste Schritt könne bereits im Laufe der Woche notwendig werden.

Doch auch eine Verschiebung der Ressourcen hinzu den Corona-Patienten werde an ihre Grenzen stoßen. Ein freies Bett alleine nützt noch nicht viel. Es brauche auch das richtige Personal. „Wir haben gar nicht genügend Internisten (...) zur Verfügung, um bei weiterer Eskalation alle Patienten mit Internisten zu betreuen. Man darf auch nicht die Vorstellung haben, dass alle Ärzte gegenseitig ersetzbar sind. Sie können nicht einen Zahnarzt für eine Lungenentzündungsversorgung heranziehen“, so Richard Greil, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin in Salzburg.

„Zurückschrauben, zurückstellen und verschieben"

Es sei immer klar gewesen, dass man die Behandlung anderer Krankheiten zurückschrauben müsse, wenn es zu einem Anstieg der Covid-Patienten komme. Das sagt auch Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) im Interview mit dem ORF-Radio. Lebenswichtige Behandlungen dürften davon freilich nicht betroffen sein. „Aber verschiebbare Eingriffe werden in ganz Österreich - auch in Wien - verschoben werden müssen. Damit wir Platz haben für Covid-19-Patienten.“

Von der kritischen Auslastung sei man aber „noch weit entfernt“. Denn derzeit könne man noch Kapazitäten umschichten. „Wir werden in den nächsten Tagen langsam beginnen elektive Eingriffe zurückzuschrauben, zurückzustellen, zu verschieben“, sagt Hacker. Das bedeute nicht, dass diese Patienten nicht behandet werden, hier würden Privatspitäler einspringen. „In einigen Tagen werden wir beginnen umzuschalten. Dann sind wir noch lange nicht in der kritischen Größe. Die kritische Größe ist abhängig von der Entwicklung in den nächsten zwei Wochen."

Das Dilemma der Betten-Statistik

Laut Dashboard der AGES stehen in Wien derzeit noch 2417 Normalbetten zur Verfügung. Diese Zahl relativiert der Gesundheitsstadtrat allerdings. „Das ist keine Übertreibung. Aber es ist ein gutes Beispiel für das Dilemma in der österreichweiten Statistik“, so Hacker. Hier fehle eine klare Definition. Die von Wien eingemeldete Zahl entspreche der Gesamtzahl der insgesamt verfügbaren Betten. „Dass das nicht die Gesamtkapazität ist, die für die Behandlung der Covid19-Patienten zur Verfügung steht, war immer klar.“

Derzeit werden knapp 80 Patienten in Wien intensivmedizinisch behandelt. „Im Maximalfall“ könne man diese Zahl vervierfachen. Es stehen in der Bundeshauptstadt also 320 Betten zur Verfügung. Es sei, wie Hacker sagt, „klar, dass kein Bundesland und kein Land der Welt hunderte Intensivbetten leer stehen hat in einem geheimen Spital, die jetzt ausgepackt werden können.“

>>> Interview mit Peter Hacker im ORF-Morgenjournal

(j.n./APA)

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