Schulden

Fiskalrat: Coronakrise belastet Budget 2020 mit 34,6 Milliarden Euro

PK WIRTSCHAFTSFORSCHUNGSINSTITUT (WIFO) UND INSTITUT F�R H�HERE STUDIEN (IHS): KOCHER
PK WIRTSCHAFTSFORSCHUNGSINSTITUT (WIFO) UND INSTITUT F�R H�HERE STUDIEN (IHS): KOCHER(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Corona verursacht Mehrkosten für 2020 und 2021 in Höhe von über 50 Milliarden Euro.

Die Coronakrise wird das Budget im Jahr 2020 mit 34,6 Milliarden Euro belasten, im Jahr 2021 mit 19,2 Milliarden Euro. Das geht aus einer am Mittwoch präsentierten Schnelleinschätzung des Fiskalrats-Büros hervor. Dabei wird von einer positiven Entwicklung der Pandemie im nächsten Jahr ausgegangen, allfällige weitere Maßnahmen sind noch nicht eingepreist. Ein Lockdown wie im Frühjahr sollte möglichst vermieden werden, so die "persönliche Meinung" von Fiskalrat-Präsident Martin Kocher.

Laut der Schnelleinschätzung (Berechnungen basieren auf dem Ist-Stand der Wirtschafts-Prognosen) wird die Pandemie das österreichische Budget heuer und nächstes Jahr insgesamt mit 53,8 Milliarden Euro belasten. Dies Einschätzung schließt neben den Kosten der Hilfsmaßnahmen (ausgabeseitig) auch die Auswirkungen des Wirtschaftseinbruchs (einnahmeseitig) ein.

Auswirkungen bis 2024

Die aktuelle Schätzung rechnet für 2020 mit einem gesamtsaatlichen Budgetdefzit von 9,2 Prozent des Bruttoinlandproduktes, 2021 werden 5,8 Prozent erwartet. Diesen Berechnungen wird die Annahme zugrunde gelegt, dass die prognostizierten BIP-Wachstumsraten von -6,8 und +4,4 Prozent für die Jahre 2020 und 2021 halten. Ohne die Covid-Pandemie wäre im Jahr 2020 trotz des Inkrafttretens der ersten Stufe der Einkommenssteuerreform mit einem nahezu ausgeglichenen Haushaltsergebnis zu rechnen gewesen - und einem leichten Defizit im Jahr 2021, so das Fiskalrats-Büro. Die aktuellen Covid-Maßnahmen werde man jedenfalls bis ins Jahr 2024 im Budget spüren, so die Experten des Fiskalrates.

Coronakrise: Budgetre Auswirkungen
Coronakrise: Budgetre Auswirkungen(c) APA

Bei der Staatsverschuldung wird mit einem Anwachsen der Schuldenquote von 70,5 Prozent des BIP im Jahr 2019 auf 83,4 Prozent 2020 ausgegangen. Für 2021 schätzt das Fiskalrats-Büro die Quote auf 83,6 Prozent. Dieser Anstieg ist sowohl durch ein höhes Primärdefizit 2020 (von 7,9 Prozent des BIP) verursacht, aber auch durch den Einbruch der Wirtschaftsleistung. Denn bei derartigen Einbrüchen steigt die Schuldenquote automatisch (sogenannter "BIP-Nenner-Effekt"). Ein Rückgang auf Vorkrisenniveau auf 70,5 Prozent dürfte laut Kocher innerhalb dieses Jahrzehnts möglich sein - "wenn es gut läuft".

Schlimmer als Finanzkrise

Bei den Staatsausgaben erwartet das Fiskalrats-Büro einen Einbruch der Einnahmen um 13,2 Milliarden Euro, womit der bisher größte Einnahmenrückgang seit dem Zweiten Weltkrieg infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/09 "um ein Vielfaches" übertroffen werde.

Die Schnelleinschätzung beruht auf der Annahme, das die Pandemie sich 2021 positiv entwickelt. Mögliche Verschlechterungen - wie sie aufgrund der aktuell stark steigenden Infektionszahlen denkbar sind - sind noch nicht berücksichtigt, auch kein allfälliger Lockdown. "Der entscheidende Punkt ist das nächste Jahr", so Kocher. Weder das Wirtschaftsforschungsinstitut noch der Weltwährungsfonds seien in ihren Prognosen bisher davon ausgegangen, dass es einen zweiten größeren Lockdown gibt - und auch davon, dass die Krise 2021 irgendwann überwunden sein wird.

Die Frage nach einem zweiten Lockdown

Auf die Frage nach den Auswirkungen eines mögliche Lockdowns in Österreich wollte sich Kocher nicht einlassen. Leider müsse man die Antwort geben, dass niemand einschätzen könne, wie sich derartiges auswirken würde. "Wenn wir wüssten, dass ein Lockdown dazu führen würden, dass man dann im ganzen Winter keine Schwierigkeiten mehr haben würde, dann könnte man sich das überlegen." Wie schnell die Infektionen danach aber wieder nach oben gehen würden, "das kann keiner sagen. Es ist etwas, das man nicht beantworten kann".

Grundsätzlich gelte es, derartig einschneidende Maßnahmen zu vermeiden, so Kocher: "Persönlich" glaube er, dass man alles tun sollte, um zu vermeiden, "dass man noch einmal einen Lockdown hat wie im Frühjahr". Freilich brauche es aber eine Reduzierung der Infektionszahlen - "weil die Infektionszahlen indirekt mit der Wirtschaftsentwicklung auf der wöchentlichen Ebene verbunden sind. Wenn die Infektionszahlen steigen, gehen die wirtschaftliche Aktivitäten sofort zurück. Es muss nach unten gehen, aber einen Lockdown halt ich nicht für die optimale Variante".

FPÖ verlangt Überarbeitung von Budget

Die FPÖ verlangte nach der Mitteilung des Fiskalrats-Büros eine Überarbeitung des Budgets. Es sei "fraglich, ob der aktuelle Budgetentwurf überhaupt noch haltbar ist", sagte FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs in einer Aussendung. Sollte eine solche Überarbeitung aus Zeitgründen nicht möglich sein, sei "ein Sonderbericht von Finanzminister (Gernot/ÖVP, Anm.) Blümel unabdingbar".

Auch drängte Fuchs einmal mehr auf "die längst überfällige und dringend nötige Einsetzung eines Covid-19-Unterausschusses". Dieser von der Opposition schon lange geforderte Ausschuss soll budgetrelevante Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Epidemie überprüfen.

(APA)

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