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Corona-Videogipfel der EU: "Das wird ein langer Kampf"

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Die Staats- und Regierungschefs wollen bei einem Videogipfel das europaweite Versagen bei den Tests begradigen und ihre Impfpläne abstimmen.

Die Hilflosigkeit der Europäischen Union angesichts der Corona-Pandemie lässt sich an einem Detail in jener Mitteilung erkennen, mit der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch den Stand der Dinge zusammenfasst: bis Dezember wolle man im Kreise der 27 ein einheitliches digitales Formular erarbeitet haben, welches jeder Fluggast vor dem Einchecken ausfüllen muss, um im Fall einer nachgewiesenen Infektion Kontaktpersonen informieren zu können.

Dezember 2020: das wäre neun Monate nach Ausbruch der Pandemie in Europa, ein halbes Jahr nach Beginn der Sommersaison, während welcher die Urlaubsreisenden den Virus kreuz und quer die durch gerade aus Lockdowns diverser Härte kommenden Mitgliedstaaten verbreiteten, und angesichts der zweiten Welle von Einschränkungen des öffentlichen Lebens allerorten vermutlich von begrenzter Sinnhaftigkeit. Denn wer glaubt heute ernsthaft daran, dass es diesen Winter viele Flugreisen geben wird? Das tun nicht einmal die Fluggesellschaften selbst, die dieser Tage tiefe Einschnitte in ihre ohnehin schon reduzierten Flugpläne ankündigen. Und abgesehen von all dem: wieso übernimmt man EU-weit nicht eines der bereits verwendeten digitalen Passenger Locator Forms, zum Beispiel das übersichtliche und rasch ausfüllbare belgische?

Solche Fragen werden sich die Staats- und Regierungschefs bei ihrem digitalen Sondergipfeltreffen am Donnerstag abend stellen. Denn kein Mitgliedsland hat sich ausreichend auf die zweite Welle der Pandemie vorbereitet, wie die steigenden Infektions-, Sterbe- und Hospitalisierungszahlen belegen. Größte Fronte in diesem epidemiologischen Kampf: der Mangel an Tests, die schnelle Ergebnisse liefern, sowie damit verbunden die Uneinigkeit zwischen den Mitgliedstaaten darüber, welche Tests man gegenseitig anerkennt, um die Einreise zu erlauben. Charles Michel, der Präsident des Europäischen Rates, setzte die Testproblematik darum an die Spitze seiner Tagesordnung für die Videokonferenz mit den 27.

„Weihnachten wird heuer anders sein“

Zweiter Tagesordnungspunkt für die 27 Chefs: die Frage, wie die zu erwartenden Impfstoffe unionsweit effizient und gerecht beschafft, verteilt und verabreicht werden. Der belgische Mikrobiologe Peter Piot berät von der Leyen in dieser Frage. Der Mitentdecker des Ebola-Virus und Spitzenforscher in der Entwicklung von Aids-Therapien warnte am Mittwoch in einer Pressekonferenz mit der Präsidentin vor allzu hohen Erwartungen an die elf derzeit in Entwicklung befindlichen Vakzine: „Selbst, wenn der Impfstoff da ist, wird man noch immer eine Zeit lang andere Maßnahmen einhalten müssen, also zum Beispiel das Tragen der Masken.“ Piot begründete diese mit mehreren Umständen. Zwar sei er „ziemlich zuversichtlich, dass wir bis Ende des Jahres wissen, wie viele davon wirksam sind. Und es wird genug für jeden geben.“ Doch „wir müssen die Verfahren befolgen, damit wir wirksame und sichere Stoffe haben. Es gibt keine Abkürzungen.“ Weiters müsse sicher sein, dass die Vakzine „alle schützen, die Ältesten vor allem. Wir wissen zudem nicht, wie lange die Immunität anhält.“ Und letztlich „müssen wir auch sicherstellen, dass die Impfstoffe angenommen werden. Da habe ich Sorgen. Denn Umfragen zeigen, dass rund 25 Prozent der Menschen sagen, dass sie das ablehnen werden.“

„Das wird ein langer Kampf“, pflichtete ihm von der Leyen bei. Auf die Frag angesprochen, ob es heuer möglich sein werde, Weihnachten im Familienkreis zu feiern, äußerten sich beide ausweichend: „Weihnachten wird heuer anders sein.“ Piot warnte zudem davor, die Langzeitfolgen selbst für genesene Covid-Patienten zu unterschätzen: „Immer mehr Menschen leiden daran. Ich weiß, wovon ich rede – denn ich hatte das selber, und habe das monatelang gespürt.“

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