Anzeige

Energieversorgung: Der smarte Handel mit Strom

  • Drucken

Die Energieversorgung steht vor einem Wandel. Die Blockchain-Technologie kann ein kohlenstoffarmes, kundenorientiertes Elektrizitätssystem in die Wege leiten.

Die Nutzung der Blockchain-Technologie kann im Energiesektor einen nachhaltigen, praxisrelevanten und disruptiven Charakter haben. Das weiß man spätestens seit einem Projekt, das vor vier Jahren in New York für Aufsehen gesorgt hat. Im Frühjahr 2016 starteten die auf Blockchain-Innovationen setzenden US-amerikanischen Unternehmen LO3 Energy und Consensys in der President Street im Stadtteil Brooklyn ein Experiment, das den Energiehandel revolutionieren könnte. Vernetzt wurden zehn Haushalte, die sich gegenseitig mit aus Fotovoltaik-Anlagen selbst produziertem Strom versorgten. Ein Computerprogramm notierte akribisch, wer gerade wie viel Energie produzierte und verbrauchte, berechnete die gegenseitigen Plus- und Minusstände und veranlasste die entsprechenden Zahlungsausgleiche unter den Parteien. Der sogenannte Brooklyn-Microgrid ermöglichte es den Teilnehmern, über eine Blockchain untereinander Strom zu kaufen und zu verkaufen. Die finanziellen Vorteile des direkten Geschäfts ohne Zwischenhändler wurden genutzt, um andere Bewohner der Umgebung mit niedrigem Einkommen kleine Investitionen in Solaranlagen zu erlauben und so das Mikronetz zu erweitern.

Lokaler Energiehandel von morgen


Brooklyn-Microgrid avancierte zum Vorzeigeprojekt des in New York ansässigen Blockchain-Consulting- und Energie-Start-ups LO3 Energy, das die Schaffung von auf nachhaltige Energienutzung ausgelegten, autarken Netzwerken mittlerweile weltweit vorantreibt. Der örtliche Energiehandel auf Blockchain-Basis, der ohne Mittelsmänner wie Stromkonzerne, Netzbetreiber oder Banken auskommt, steht für die Zukunft des dezentralisierten Energiehandels. Der Blockchain-Technologie kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu, wie man beim Technologiekonzern Siemens AG betont, der seit 2016 mit LO3 gemeinsam die innovativen Microgrids entwickelt. „Die Blockchain-Technologie ist Triebfeder für den lokalen Energiehandel von morgen“, sagt Ralf Christian, CEO der Siemens Division Energy Management.

Dezentralisiert und grün


Von der Notwendigkeit des Wandels des Energieversorgungssystems geht auch Erwin Smole, Mitgründer des Wiener Start-ups Grid Singularity, aus: „Die Macht geht gerade von den Energieversorgern zu den Kunden. Die Energiewelt von morgen wird freier, offener und selbstbestimmter sein als heute.“ Bei Singularity arbeitet man seit 2016 daran, diesen Prozess mit den technologischen Möglichkeiten der Blockchain voranzutreiben, um Menschen den unkomplizierten Handel mit Strom zu ermöglichen. „Wir bauen Open-Source-Energiebörsen auf, um lokale Marktplätze zu ermöglichen, die sich zu einem intelligenten, transaktiven Netz zusammenschalten. Im Mittelpunkt des Energiemarkts sollen dabei der Mensch und die Umwelt stehen“, sagt Smole. Um die wachsende Anzahl an kleinen Energieerzeugern und flexible Lasten in einem vertrauenswürdigen, offenen und digitalisierten Netzwerk zu koordinieren, wird auf die selbst entwickelte Blockchain-basierte Software D3A gesetzt. D3A steht für Decentralised Autonomous Area Agent und besteht im Kern aus einer Reihe von Smart Contracts, die notwendig sind, um dezentralisierte Energiebörsen mit einer niedrigen Eintrittsbarriere zu schaffen. D3A ermöglicht es Energiegeräten beliebiger Größenordnung, untereinander auf einer skalierbaren Marktplattform zu handeln. Energieunternehmen und Verbrauchergruppen können im Open-Source-System die D3A-Benutzeroberfläche nutzen, um den Betrieb intelligenter Netze zu verbessern und Investitionsentscheidungen zu treffen. „Kurz gesagt, die D3A zeigt und nutzt das Potenzial von transaktiven Netzen, erneuerbaren Energiequellen und Peer-to-Peer-Energiehandel für alle am Energiewandel Beteiligten“, so Smole.

Der smarte Handel mit Strom


Einen Namen als „grünes“ Blockchain-Unternehmen hat sich Grid Singularity auch als Mitbegründer der Energy Web Foundation (EWF) gemacht. Die globale gemeinnützige Organisation will auf Basis von Blockchain-Technologien ein kohlenstoffarmes, kundenorientiertes Elektrizitätssystem in die Wege leiten und baut dabei auf Partnerunternehmen, die die Server betreiben, mit denen Transaktionen gerechnet und validiert werden. Im Vorjahr startete EWF mit der Energy Web Chain die weltweit erste Open-Source-Blockchain-Plattform für Unternehmen aus dem Energiesektor. „Wir wollen Energieversorgern mit der Blockchain die Möglichkeit geben, an die Solaranlagen, Elektroautos, Ladestationen oder Stromspeicher anzudocken, die in Zukunft bei Millionen von Endkonsumenten zu finden sein werden. Dann soll es darum gehen, dass Energieunternehmen auf smarte Weise mit Konsumenten und anderen Firmen Strom handeln können“, so EWF-CEO Walter Kok. Die Blockchain kann dabei nicht zuletzt garantieren, dass alles mit grünen Dingen zugeht und wirklich erneuerbarer Strom gekauft oder verkauft wird.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.