Leitartikel

Als Führungsmacht sind die USA unverzichtbar

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Der Rückzug Washingtons hat ein Vakuum in der westlichen Welt geschaffen. Um China Paroli zu bieten, müssen sich die USA ihrer alten Stärke besinnen.

In einer Mischung aus Faszination, Verwunderung und einem gewissen Gruseleffekt, verstärkt durch den Halloween-Lokalkolorit, blickt die Weltöffentlichkeit auf die US-Wahl mit ihren Extremen und Widersprüchen. Dass die älteste Demokratie der Welt an ihren antiquierten Traditionen wie dem Wahlmännersystem festhält, dass die Bürger seit Wochen per Briefwahl oder persönlich im Wahllokal abstimmen, dass die Bundesstaaten ihre Vielfalt und Eigenheiten pflegen: All das nimmt der Rest der Welt, der das Land doch einigermaßen zu kennen glaubt, wie alle vier Jahre recht erstaunt zur Kenntnis.

Amerikaner, die mit Waffen vor Stimmlokalen patrouillieren und nach dem Rechten sehen, und ein Präsident, der in Populistenmanier seit Wochen vor Wahlmanipulationen warnt und seine Anhänger aufwiegelt, jagen Beobachtern Schauer über den Rücken. Dies hat jetzt sogar Amnesty International auf den Plan gerufen, als handelte es sich bei den Vereinigten Staaten um eine Bananenrepublik. Erinnerungen an die Neuauszählung in Florida im Jahr 2000 werden wach – und an die Häme über den Lehrmeister der Demokratie, die damit einherging. Es zeigte, dass die USA ein komplexes Gefüge sind, mit Fehlern und Makeln wie die EU.

Die äußeren Bedingungen der Coronapandemie und die inneren Spannungen durch die Trump-Präsidentschaft laden diese Wahl heuer zusätzlich auf – wie bei historischen Urnengängen in der Nachkriegszeit: 1960 bei der Wahl John F. Kennedys als Vorbote der Moderne, 1980 bei Ronald Reagans Siegeszug als Evangelist von Konservativismus und Patriotismus, 2008 bei Barack Obamas Triumph eines neuen, bunten, multikulturellen Amerikas, der in einem Pendelschlag die Trump-Ära einläutete und einen globalen Trend zu Nationalismus und Autokratie befeuerte.

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