Coronavirus

Spitalsbetten vor Engpass: Zahl der Patienten seit September verzehnfacht

Intensivmediziner warnen vor Versorgungsengpässen.

Mehrere europäische Länder stießen in den vergangenen Tagen an die Auslastungsgrenzen ihrer intensivmedizinischen Versorgungskapazitäten. Auch in Österreich machten bereits einige Bundesländer ihre Befürchtungen laut, dass es wegen den hohen Corona-Infektionszahlen zu Versorgungsproblemen in den Krankenhäusern kommen könnte. Am Mittwoch warnten auch Intensivmediziner vor den knappen Ressourcen in ihren Stationen.

Die Hospitalisierungsraten und Belegungszahlen auf den Intensivstationen aufgrund von Covid-19-Erkrankungen sind zuletzt rasant angestiegen: Waren vor vier Wochen noch insgesamt 469 Corona-Patienten im Spital und davon 88 in Intensivbehandlung, so waren es vor zwei Wochen 654 und 112 und mit Stand Dienstag sogar 1400 bzw. 203. Seit Anfang September haben sich die Zahlen nahezu verzehnfacht.

Angesichts dessen ist es für die Intensivmediziner unverständlich, warum teils noch von einer entspannten Situation bezüglich der Intensivversorgung gesprochen wird. „Leider bewegen wir uns zunehmend auf eine Situation zu, vor der wir, auch gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften, seit dem Sommer konsequent gewarnt haben“, sagte Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin (Ögari).

Ein Viertel der Intensivbetten in Wien belegt

Markstaller zufolge seien die Intensivressourcen auch gut ausgestatteter Gesundheitssysteme routinemäßig stark ausgelastet: Große Vorhaltekapazitäten wären ohne die Zusatzbelastung durch die Pandemie weder personell noch strukturell ökonomisch vertretbar gewesen. In Wien war am Dienstag ein Viertel aller Intensivbetten belegt. Bei stark steigendem Bedarf befürchten die Experten außerdem eine höhere Rate von vermeidbaren Todesfällen.

Die Tatsache, dass bereits aus mehreren Bundesländern Meldungen kommen, ihre intensivmedizinischen Kapazitätsgrenzen seien bald erreicht, vermittle laut Ögari ein Bild der realen Situation in den Spitälern. „An strikter Händehygiene, Abstandhalten, dem Reduzieren von Kontakten auf ein unbedingt notwendiges Maß und Mund-Nasen-Schutz führt kein Weg vorbei“, sagt Markstaller.

Wien und Linz verschieben Operationen

Patienten mit anderen Erkrankungen, die nicht unbedingt akut versorgt werden müssen, spüren die Folgen ebenfalls: Oberösterreich gab am Dienstag als erstes Bundesland bekannt, planbare – also nicht lebensnotwendige – Operationen zu verschieben. Am Mittwoch zog Wien nach: Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) kündigte an, etwa Hüft- oder Knieoperationen in den kommenden Tagen zu verschieben, um Platz für Corona-Patienten zu schaffen. Derzeit stehen in Wien rund 1000 Normalbetten für die Betreuung von Corona-Patienten zur Verfügung. Zusätzlich gibt es noch ein Kontingent von maximal 320 Intensivbetten. In welchem Ausmaß Eingriffe nun zurückgeschraubt werden, ist noch nicht klar – das sei von der Entwicklung der Infektionszahlen abhängig. Die Akutversorgung bleibe laut Hacker jedenfalls aufrechterhalten.(APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2020)

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