Ausgangsbeschränkungen

Auch Frankreich kündigt neuen Lockdown an

In einer Fernsehansprache kündigte Frankreichs Präsident neue Maßnahmen an.
In einer Fernsehansprache kündigte Frankreichs Präsident neue Maßnahmen an.REUTERS
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Die neuen Maßnahmen sollen ab Freitag - und bis Dezember - gelten. Präsident Macron spricht von einer zweiten Welle, „von der wir wissen, dass sie härter, tödlicher sein wird als die erste“.

Angesichts steigender Fallzahlen kündigt nach Deutschland nun also auch Frankreich einen neuen Lockdown an. Präsident Emmanuel Macron präsentierte am Mittwoch in einer Rede an die Nation neue Einschränkungen, die ab Freitag - und bis Dezember gelten sollen.

Der 42-Jährige machte deutlich, dass die Beschränkungen weniger streng sind als im Frühjahr, als das öffentliche Leben des Landes weitgehend lahmgelegt wurde. So sollen die Schulen geöffnet bleiben. Bars, Restaurants und "nicht unentbehrliche Geschäfte" müssen jedoch schließen. Die im Frühjahr üblichen Ausgangsbescheinigungen für Bürger sollen wiederkommen. Auch Reisen in andere Regionen des Landes sind nicht ohne weiteres möglich - für die Rückkehr aus den Herbstferien soll es am Wochenende aber Ausnahmen geben.

Maßnahmen gelten zunächst bis Dezember

Die Menschen sollen weiter arbeiten können, dabei hat die Heimarbeit Priorität. Die Maßnahmen sind zunächst bis zum 1. Dezember befristet. "Bleiben Sie so weit wie möglich zu Hause. Respektieren Sie die Regeln", appellierte Macron an seine Landsleute. Er benutzte im Französischen den Ausdruck "confinement", was auch mit Lockdown übersetzt werden kann.

Macron machte deutlich, dass die Lage dramatisch ist. "Wir werden von der Beschleunigung der Epidemie überrollt", sagte er. Die Entwicklung trifft auch andere europäische Länder. "Das Virus breitet sich mit einer Geschwindigkeit aus, die nicht einmal die pessimistischsten Prognosen vorhergesagt haben", sagt Macron. Frankreich befinde sich dabei in derselben Situation wie die Nachbarländer: "Überrannt von einer zweiten Welle, von der wir wissen, dass sie härter, tödlicher sein wird als die erste.“ Er kündigte für Donnerstag eine Debatte und eine Abstimmung im Parlament an.

EU-Gipfel berät über gemeinsame Linie

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen am Donnerstag (18.30 Uhr) über eine gemeinsame Linie im Kampf gegen die zweite Corona-Welle beraten. Bei einer Videokonferenz soll es vor allem um Test- und Impfstrategien sowie die Verfolgung von Kontaktpersonen gehen. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Kollegen hatten bei ihrem EU-Gipfel vor zwei Wochen vereinbart, in der Pandemie-Bekämpfung künftig enger zusammenzuarbeiten.

Diplomaten zufolge soll es bei den Beratungen am Donnerstag unter anderem um den Einsatz neuer Antigen-Schnelltests sowie die gegenseitige Anerkennung der Tests etwa bei innereuropäischem Reisen gehen. Zudem soll darüber beraten werden, wie und in welchem Umfang die EU-Staaten einander in der Krise helfen können.

Auch mit Blick auf einen möglichen Impfstoff gegen das Coronavirus sollen einige Fragen diskutiert werden. Dabei geht es etwa um Kriterien für die Verteilung auf die EU-Staaten oder um die Frage, wer zuerst geimpft werden soll. Bereits an diesem Mittwoch hatte die EU-Kommission Vorschläge für den Kampf gegen die zweite Corona-Welle vorgelegt.

Schritt trifft Franzosen nicht unerwartet

Die neuen Einschränkungen treffen die rund 67 Millionen Franzosen nicht unerwartet. Regierungssprecher Gabriel Attal hatte bereits vor der Rede des Staatschefs eine "neue Etappe" in Aussicht gestellt. "Die zweite Welle ist da", sagte der Sprecher nach einer Kabinettssitzung. Es müsse alles getan werden, um nicht von dieser Welle überrollt zu werden. Macron beriet zudem zwei Mal innerhalb von zwei Tagen in einem nationalen Sicherheitsrat über die Corona-Lage.

Bisher gilt eine nächtliche Ausgangssperre für rund zwei Drittel der Einwohner, also rund 46 Millionen Menschen. Die Corona-Lage verschlechtert sich in dem Land seit Wochen dramatisch. Zuletzt wurden innerhalb von 24 Stunden über 36.400 Neuinfektionen gezählt.

Die Anzahl der mit dem Coronavirus in Verbindung gebrachten Todesfälle stieg deutlich - am Dienstagabend meldeten die Behörden 523. Damit wurde wieder das hohe Niveau vom April erreicht. Am Mittwochabend sprachen die Behörden von 244 Toten, die Gesamtzahl liegt nun bei fast 35.800.

Intensivstationen drohe Auslastung

Sprecher Attal sagte, auf den Intensivstationen der Krankenhäuser drohe in zwei Wochen eine ähnliche Lage wie beim Höhepunkt der ersten Epidemie-Welle im Frühjahr. Damals zählten die Ausgangsbeschränkungen in Frankreich zu den strengsten in Europa, Schulen waren geschlossen.

Der Staatschef hatte sich erst vor zwei Wochen an die Bürger gewandt. Er kündigte damals nächtliche Ausgangssperren für Paris und weitere Ballungsräume an.

Später dehnte die Mitte-Regierung von Premierminister Jean Castex die Beschränkungen auf 54 Départements und das Überseegebiet Französisch-Polynesien aus. Aus der Opposition kam Kritik am Krisenmanagement der Regierung. Er habe den Eindruck einer "ständigen Improvisation", schrieb der einflussreiche konservative Abgeordnete Éric Ciotti auf den Kurznachrichtendienst Twitter.

(APA/Reuters/dpa)

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