Die deutsche Bundeskanzlerin erklärte im deutschen Bundestag die Pläne der Regierung in der Coronakrise. Die AfD störte die Rede mehrmals mit lauten Zwischenrufen.
Das Coronavirus breitet sich in Deutschland weiter rasch aus. Das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnete am Donnerstag erstmals mehr als 16.000 Neuinfektionen an einem Tag, nachdem es am Mittwoch noch knapp 15.000 waren. Die Gesundheitsämter meldeten laut RKI 16.774 nachgewiesene Ansteckungsfälle binnen 24 Stunden. Seit Ausbruch der Seuche wurden damit insgesamt 481.013 Infektionsfälle registriert. Die Zahl der Menschen, die mit oder an dem Virus starben, stieg um 89 auf 10.272 - auch das ist ein deutlicher Anstieg. Im Kampf gegen die Infektionswelle wird im November das öffentliche Leben in der Bundesrepublik drastisch eingeschränkt. Darauf hatten sich am Mittwoch Bund und Länder geeinigt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt im Bundestag derzeit eine Regierungserklärung zur Corona-Krise ab. Die Maßnahmen seien „Geeignet, erforderlich und verhältnismäßig“, erklärte sie mehrmals. „Wir können 75 Prozent der Infektionen nicht mehr zuordnen und aus diesem Zustand müssen wir so schnell wie möglich wieder heraus“, argumentierte die Kanzlerin. Es gehe auch darum Risikogruppen zu schützen und damit seien nicht nur ältere Menschen gemeint. Man dürfe die vielen Menschen mit Vorerkrankgungen nicht vergessen, die es zu schützen gelte. Immer wieder kam es zu Zwischenrufen aus der AfD-Fraktion, mehrmals musste Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble einschreiten (CSU).Am Abend berät sie mit den anderen 26 EU-Staats- und Regierungschefs.
Auch in den Nachbarländern grassiert die Seuche. So rief Frankreich einen zweiten Lockdown aus, und Tschechien meldet bei den Neuinfektionen einen Höchstwert nach dem anderen. Das Land zählt zu den europäischen Ländern mit den am schnellsten steigenden Infektionsraten.
Anders als im Frühjahr will die Bundesregierung die Grenzen aber nicht schließen. "Wir müssen alles tun, um Grenzschließungen auch weiterhin zu vermeiden", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier der "Wirtschaftswoche". Der Europäische Binnenmarkt setze voraus, dass Lieferketten auch in Pandemiezeiten funktionierten, sagte der CDU-Politiker. "Diesbezüglich haben wir aus dem ersten Shutdown gelernt."
Kritik von den Gastwirten
Kritik an den Einschränkungen kam unter anderem vom Gaststätten- und Hotelverband (Dehoga). Das Verbot aller touristischen Übernachtungen sei faktisch ein Berufsverbot für die ganze Branche, sagte Dehoga-Chefin Ingrid Hartges den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagausgaben). Daher erwögen viele Unternehmen, dagegen zu klagen. Hartges forderte eine schnelle und unbürokratische Auszahlung der zugesagten Milliardenhilfen. "Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand, die Verzweiflung wächst." Durch den zweiten Lockdown werde ein Drittel der 245.000 Betriebe den Winter nicht überstehen.
Dagegen begrüßte der Städte- und Gemeindebund die verschärften Corona-Auflagen. Die Beschlüsse zeigten "Augenmaß", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es sei verhindert worden, dass das Land in eine Art Halbkoma versetzt werde und es sei richtig, insbesondere Schulen und Kindergärten grundsätzlich offen zu halten.
(APA/Red./Reuters)