Lebensmittelsicherheit

Jedes zweite Huhn in der EU mit resistenten Keimen belastet

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Antibiotikaresistente Krankheitserreger im Fleisch können für den Konsumenten tödlich enden.

Wien/Bonn. EU-weit sterben jährlich bis zu 33.000 Menschen, weil sie nicht mehr auf Antibiotika reagieren, 670.000 EU-Bürger erkranken an Infektionen mit antibiotikaresistenten Erregern. Grund dafür sind nicht nur Krankenhauskeime und der Umstand, dass entsprechende Arzneimittel zu häufig verschrieben werden, sondern auch eine steigende Konzentration in Böden, Gewässern – und in unserem Essen. Die Umweltorganisation German Watch hat nun Hühnerfleisch der größten drei EU-Geflügelfleischkonzerne in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden auf Resistenzen gegen Reserveantibiotika getestet. Die Ergebnisse sind alarmierend: Im Schnitt jede zweite Probe war mit antibiotikaresistenten Krankheitskeimen belastet.

Die 165 Fleischproben kauften die Tester im Billigsortiment von Lidl, Aldi sowie im Werksverkauf der Konzerne ein. Am schlechtesten schnitt die PHW-Gruppe mit Sitz in Niedersachsen ab. 59 Prozent der Proben aus dem Unternehmen waren mit Krankheitserregern belastet, knapp gefolgt von der französischen LDC-Gruppe mit 57 Prozent kontaminierter Proben. Im Vergleich weit „bessere“ Werte weist die niederländische Plukon Food Group mit „nur“ 36 Prozent belasteter Proben auf.

Die Krankheitserreger stellen eine „wachsende Gesundheitsgefahr“ dar, schreiben die Autoren der German Watch-Studie. Denn: Nimmt der Mensch die Erreger beim Verzehr des Fleisches auf, „kann dies zu schweren Infektionen führen, bei denen Antibiotika kaum oder nicht mehr wirken.“

„Farm-to-Fork“-Strategie

Rund ein Drittel der Proben wies sogar gegen Chinolone resistente Keime auf. Diese Notfallantibiotika kommen beim Menschen nur zum Einsatz, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr helfen. In den USA sind Chinolone bereits seit dem Jahr 2005 für Masthühner verboten.

Auch in der EU gibt es Bestrebungen, den Einsatz der wichtigsten Antibiotika-Gruppen für Menschen vorzubehalten. Die „Farm-to-Fork“-Strategie der EU-Kommission zielt als Teil des Green Deals auf ein nachhaltigeres Lebensmittelsystem ab. Die Strategie sieht unter anderem vor, den Verkauf antimikrobieller Mittel wie Antibiotika für Nutztiere bis 2030 um 50 Prozent zu reduzieren. (aga)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2020)

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