Morgenglosse

Gerechtigkeit für Sumsi

Fleißige Sparer werden kaum noch bewundert. Auch Finanzbildung hat einen äußerst ambivalenten Ruf.

Der Weltspartag ist auch nicht mehr das, was er einst war, als Sparefroh, Sumsi und Co. das Licht der Welt erblickt haben. Und daran ist nicht nur Corona schuld. Fleißige Sparer bewundert kaum noch jemand; sie stehen im Ruf, entweder zu viel Geld zu haben oder zu knausrig zu sein, um der Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen.

Doch wird in der Krise sogar mehr gespart. Nicht nur bei den Erwachsenen ist die Sparquote gestiegen, sogar Kinder legen einen größeren Teil ihres Taschengelds beiseite, wie eine Umfrage von durchblicker.at zeigt. Ob das mit der allgemeinen Krisenstimmung zu tun hat oder mit der Tatsache, dass man in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen ohnehin nicht so viel ausgeben kann, ist ungewiss. Die Tatsache, dass man mit dem Sparbuch real Geld versenkt, nimmt man notgedrungen hin. (Früher, als die Zinsen hoch waren und die Inflation noch höher, war das auch der Fall, man hatte angesichts seines wachsenden Kapitals aber das Gefühl, es gehe bergauf.)

Indes wächst der Ruf nach mehr Finanzbildung. Das Wissen um Alternativen zum Sparbuch, um die Auswirkungen von Zinseszinsen, um Gebührenvergleiche und Werbeschmähs sollte in der Schule stärker vermittelt werden, lautet die Forderung.

Doch Finanzbildung hat einen ähnlich ambivalenten Ruf wie Sparen, wie ein Blick in soziale Medien zeigt. Da ginge es nur darum, dass uns Banken ihre Produkte andrehen wollen, heißt es. (Das wollen sie zweifellos; doch bei Leuten, die keine Ahnung von Gebühren und Alternativen haben, tun sie sich gleich viel leichter.) Der Staat wollte uns nur deswegen in die private Vorsorge treiben, um klammheimlich die staatliche Pension zu kürzen. (Letzteres tut er ohnehin über Reformen.) Für Leute, denen am Ende des Monats nichts übrig bleibt, wäre der Ruf nach Finanzbildung ein reiner Hohn, denn wozu brauchen die Wissen um Börsen und Aktien? Dabei fiele das praktische Wissen, wie man etwa Fixkosten gering halten kann, genauso in den Bereich Finanzwissen wie das Wissen, dass man als Sparer nicht gleichzeitig hohe Sicherheit und hohe Rendite haben kann.

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