Studie

Wie die Pensionsvorsorge verbessert werden könnte

Mit einer baldigen Pensionsreform rechnen die Studienautoren nicht.
Mit einer baldigen Pensionsreform rechnen die Studienautoren nicht. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Unser Pensionssystem sei nicht nachhaltig, konstatiert die Agenda Austria. Und setzt auf Reformen der betrieblichen und privaten Vorsorge.

Wien. Die Österreicher gehen viel zu früh in Pension, immer weniger Erwerbstätige müssen die Pensionen für immer mehr Menschen im Ruhestand bezahlen: Das Problem ist bekannt, eine Lösung nicht in Sicht. Nun nahm sich die Denkfabrik Agenda Austria des Themas an. Und kommt zu dem Schluss, dass die unumgängliche Erhöhung des Pensionsalters längst nicht reichen wird, um das staatliche Pensionssystem auf Dauer zu sichern.

Das Umlagesystem allein ist definitiv nicht nachhaltig – so lautet eine der Kernaussagen einer Studie, die von zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern des Thinktanks, Nikolaus Jilch und Heike Lehner, am Donnerstag vor Journalisten präsentiert wurde. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben in den staatlichen Pensionssystemen wird sich demnach heuer auf 24,1 Mrd. Euro summieren. Dieses Geld müssen die Steuerzahler zuschießen – und die Schere geht immer weiter auf.

Keine baldige Pensionsreform

Mit einer baldigen Pensionsreform rechnen die Studienautoren nicht. Gerade auch die jetzige Krise mache eine baldige Anhebung des Pensionsalters unwahrscheinlich, sagte Lehner. Jedenfalls gelte es jedoch, rasch die zweite und dritte Säule – die betriebliche und private Pensionsvorsorge – als Ergänzung zum Umlagesystem zu stärken.

So sollten aus Sicht der Studienautoren die verpflichtenden Beiträge von 1,53 Prozent des Bruttolohns, die derzeit in die Abfertigung neu eingezahlt werden, künftig in die Pensionskassen fließen, allerdings mit Opt-out-Möglichkeit für die Arbeitnehmer. Letztere sollten außerdem die Möglichkeit erhalten, dort eine Veranlagungsvariante ohne Kapitalgarantie zu wählen – mit mehr Risiko, aber besseren Ertragsaussichten. Zudem sollte es den Pensionskassen erlaubt werden, auch in Private Equity und Venture Capital zu investieren, meinen die Studienautoren. Auch das könnte die Erträge der betrieblichen Vorsorge steigern. Bei der zweiten Säule sollten aus ihrer Sicht zudem die Einzahlungen grundsätzlich steuerfrei sein und erst die Auszahlungen besteuert werden.

Bei der privaten Vorsorge schlägt die Denkfabrik ein „Pensionskonto“ zur individuellen, freien Veranlagung vor – mit steuerfreier Auszahlung bei Pensionsantritt. Und zwar zusätzlich zur neuen „Europarente“, die im kommenden Jahr in den EU-Ländern als einheitliches Vorsorgeprodukt mit Vorgaben aus Brüssel auf den Markt kommen soll.

Schon jetzt höhere Aktienquote

Derzeit nehmen laut der Studie nur 14 Prozent der Österreicher im Erwerbsalter an der kapitalgedeckten Pensionsvorsorge teil. Im europäischen Ländervergleich des „Mercer Global Pension Index“ liegt hier nur Spanien noch schlechter. Schweden, Dänemark, die Niederlande und die Schweiz zählen indes zur Spitzengruppe.

Mangelnde Erfahrung der Österreicher mit den Finanzmärkten ist laut den Studienautoren einer der Gründe für das schlechte Abschneiden. Bei der privaten Vorsorge setzen nach wie vor viele aufs Sparbuch und fahren reale Verluste ein. Dazu kommt die bislang maue Performance der heimischen Abfertigungs- und Pensionskassen, bedingt durch extrem restriktive Veranlagungsrichtlinien. Hätte man 1000 Euro im Jahr 2007 in eine österreichische Pensionskasse investiert, hätte man 2018 – elf Jahre später – im Schnitt 1321 Euro herausbekommen, bei der Abfertigung neu sogar nur knapp 1230 Euro. Dagegen wären bei einer dänischen Pensionskasse aus einem Tausender im selben Zeitraum 2219 Euro geworden. „Bis 2018 waren die Pensionskassen in Österreich gehandicapt“, so Jilch, inzwischen gelten neue Regeln, die immerhin eine höhere Aktienquote erlauben. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2020)

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