Kolumne zum Tag

Am Ende des Regenbogens versteckt sich die Würde

Dann esst doch alle mit den Fingern, Küchenrolle ist genug da.
Dann esst doch alle mit den Fingern, Küchenrolle ist genug da.(c) imago images/RomanShyshak
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Abseits von Thema Nummer eins ist es schön, Orchideengedanken nachzuhängen.

Über das Thema Nummer eins ist so viel zu hören, dass es ganz ruhig wird um die Themen 751 plus. Dabei können Orchideengedanken unterhaltsam sein. So wurde, als man noch mit mehreren Leuten ungezwungen im Restaurant sitzen konnte, die Frage aufgeworfen, warum so viele gute Sachen nicht mit Würde zu essen seien. Ein Club-Sandwich etwa oder riesige Burger, die man dekonstruieren muss und somit ein Schlachtfeld anrichtet. Optik ist ohnehin ein Problem, seit man einfach alles, was man früher hübsch auf einem Teller angerichtet hätte, in einen Napf wirft und als „Bowl“ serviert. So hat sich auch gleich das Essen mit Messer und Gabel aufgehört.

Jammern auf hohem Niveau, denn schon bald heißt es wieder, selbst zu kochen und statt Gäste zu haben Angehörige anzujammern, deren Aufnahmebereitschaft leider begrenzt scheint. Bald gibt es nur noch Schinken-Käse-Toast, wobei man sich immer am Käse verbrennt, und auch bei Suppe und Spaghetti daheim wird offensichtlich, dass der Mensch dem Besteck kaum Herr wird. Dann esst doch alle mit den Fingern, Küchenrolle ist genug da, denn als das eine Regal schon leer war, hat man kurzerhand das andere geplündert.

Die Halloween-Süßigkeiten essen wir nun auch selbst auf, da es nicht an der Tür klingeln wird, und wenn, dann ist es der Briefträger, der zwar maskiert ist, aber keine Zuckerl will, wobei, man könnte ihm eigentlich höflichkeitshalber etwas anbieten. Es ist noch gar nicht so lang her, da gab's für jeden Brief ein Schnapserl.

Neu im Handel sind übrigens „Pechkekse“, ein Äquivalent zum chinesischen Glückskeks und auch ein Indiz dafür, wie Kulturen einander bereichern. Im Keks ist ein Zetterl versteckt, auf dem steht: „Am Ende des Regenbogens liegt nur Mist.“ Halloween kann richtig lustig sein, wenn man es nicht feiern darf.

E-Mails an: friederike.leibl-buerger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2020)

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