Didaktik

Alte Dramaturgie nicht mehr gefragt

Das jetzt verstärkt notwendige E-Learning bringt auch den Einsatz innovativer Konzepte und Technologien voran.
Das jetzt verstärkt notwendige E-Learning bringt auch den Einsatz innovativer Konzepte und Technologien voran. (c) Getty Images/iStockphoto
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Lehrende stehen derzeit vor großen Herausforderungen. Was für ihre didaktischen Leistungen ausgezeichnete Vortragende dazu zu sagen haben.

Gezählte 155 Einreichungen gingen für den diesjährigen „Ars Docendi“ ein – so viele wie noch nie. Der mit 7000 Euro dotierte Staatspreis für exzellente Lehre wurde zum achten Mal an Lehrende von Universitäten, Fachhochschulen, pädagogischen Hochschulen und Privatuniversitäten vergeben. Unter den Preisträgern: Benjamin Hetzer. Der Mediziner wurde zusammen mit dem Philosophen Georg Gasser in der Kategorie „Kooperative Lehr- und Arbeitsformen“ ausgezeichnet. In der Zusammenarbeit zwischen Medizinischer und Leopold Franzens-Universität Innsbruck steht die Medizinethik im Mittelpunkt. „Weil Mediziner Entscheidungen für Patienten treffen müssen, ist es wichtig, sich Gedanken über die Zusammenhänge zu machen. Daher ist es mir ein Anliegen, die Studierenden zu motivieren, hinter die Kulissen zu blicken und Fakten zu hinterfragen“, sagt Hetzer.

Früh an Forschung beteiligen

Erkenntnis zu generieren, ist auch Dimitri Prandner wichtig. Der Soziologe erhielt mit seinem Kollegen Robert Moosbrugger die Auszeichnung in der Kategorie „Forschungsbezogene bzw. kunstgeleitete Lehre“. „Ich möchte Studierende an die Forschung heranführen und mit ihnen erarbeiten, was Forschung leisten kann“, sagt Prandner. Das Projekt der beiden Wissenschaftler der Abteilung für empirische Sozialforschung der JKU Linz lautet „Empirische Forschungspraktika: Hochschulbildungsangebote für Geflüchtete“. Prandner: „Ich möchte Lust darauf machen und die Studierenden möglichst früh sensibilisieren, dass sie etwas beizutragen haben.“ Die Onlinelehre stellt selbst ausgezeichnete Wissenschaftler vor Herausforderungen. „Da keine 90-minütigen Vorlesungen mehr möglich sind, ist es für viele Lehrende tragisch, dass die Dramaturgie, die sie über die Jahre aufgebaut haben, jetzt nicht mehr funktioniert“, sagt Prandner. Und auch im medizinischen Feld fehlt der persönliche Kontakt: „65 Prozent der Lehre findet aktuell bei uns online statt“, sagt Hetzer. Gerade beim Patientenkontakt sei das Fühlen, Tasten, Hören, aber auch das Einfangen von Emotionen unumgänglich.

Onlinelehre hat auch Vorteile

Doch es gibt auch Vorteile: „Studierende in den Mittelpunkt zu stellen, gelingt online in manchen Fällen sogar besser als in klassischen Präsenzveranstaltungen. So können Studierende online besser in ihrem eigenen Tempo lernen und in Selbstlernphasen gezielter auf ihrem individuellen Vorwissen aufbauen“, sagt Maria Pammer, Leiterin des Departments Betriebswirtschaft Online am MCI. Dort wurde 2015 der Teaching Award ins Leben gerufen, um herausragende Leistungen in der Lehre sichtbar zu machen. Für Pammer ist exzellente Lehre, wenn die Studierenden ihren individuellen Lernprozess eigenverantwortlich mitgestalten können. „Außerdem kombiniert exzellente Lehre aktuelle theoretische Konzepte mit praktischen Anwendungsfeldern und bereitet Studierende dadurch auf komplexe Problemstellungen in der beruflichen Praxis vor.“

Wie man komplexe, mitunter trockene Inhalte gut transferieren kann, zeigen auch die Preisträger der diesjährigen Lena-Awards. Sie wurden vom Wifi Wien für alle Wifi-Trainer österreichweit in zwei Kategorien vergeben, für die Digitalisierung und für innovative Lernkonzepte.

Comic illustriert Arbeitsrecht

Den Preis für letzteres konnten heuer Birgit Kronberger und Rainer Kraft, Geschäftsführer des Vorlagenportals für Arbeitsrecht und Personalverrechnung erringen. Ihr Lernkonzept verbindet das Arbeitsrecht mit Comics: „In unserer Rolle als Lehrende sehen wir uns als Dienstleister gegenüber unseren Studierenden. Unser Ziel ist es, jede Lehreinheit zu einem Erlebnis mit einem gewissen Spaßfaktor zu machen.“ Der Preis in der Kategorie „Digitalisierung im Training“ wird für Lernkonzepte verliehen, die aus eigenem Antrieb oder bedingt durch die Covid-19-Krise erfolgreich auf Distance Learning umgestellt wurden. Trainerin Christine Knotek überzeugte mit ihrem Lernkonzept „Zeit- und Selbstmanagement virtuell“.

Die Lust zum Lehren entsteht sehr oft aus Beobachtungen aus der eigenen Studienzeit. Obwohl Kronberger und Kraft daran zweifeln, ob ihre Trainingsmethoden damals gefruchtet hätten, hätten sie dennoch selbst gern Vortragende mit diesen Ansätzen gehabt. Prandner erzählt von einem Professor, „der mir klargemacht hat, dass Forschung etwas Spannendes sein kann, weil Forschung die Lehre lebendiger macht“. Aus den positiven Rückmeldungen schließt Hetzer, dass er seine Studierenden begeistern und ihnen komplexe Zusammenhänge nahebringen kann. Pammer erzählt: „Bereits in meiner Dissertation habe ich mich mit der Frage beschäftigt, was eine gute Lehrperson auszeichnet und musste feststellen, dass man mit diesem Anforderungskatalog nicht nur Bücher, sondern ganze Bücherregale füllen könnte. Ich glaube, mit dem Einsatz neuer Technologien, dem Ausprobieren verschiedenster interaktiver Methoden und digitaler Tools hätte ich auch mein damaliges Ich im Studium mitreißen können.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2020)

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