„Sehen kann man nur dort etwas, wohin man schaut“, Jungarchitektin Eva Herunter.
Wien

Frauen bauen Stadt: Architektur mit Auftrag

Frauen bauen Stadt. Und noch ganz andere Dinge. Aber sie dekonstruieren auch konsequent: Längst überholte Bilder, Rollen und Zuschreibungen. In einer Branche, in der mehr Männer entscheiden, aber dennoch viele Architektinnen wirken.

Vorherbestimmt war’s eher nicht. Eher selbstbestimmt, hart erarbeitet. Und immer schon so gewollt: Nämlich dass ­Sabrina Mehlan, Petra Meng und Stefanie Wögrath gemeinsam ein Architekturbüro gründen. Und bevor sie wussten, wie das alles so laufen soll, schrieben sie schon mögliche Namen in den Sand. „Illiz“ stand da am kalifornischen Strand von Berkeley. „Das gefiel uns, klang flüssig, angenehm und vielleicht auch ein wenig weiblich“, erzählt Mehlan. Drei Köpfe, ein Gedanke, so läuft das schon seit dem Grundstudium in Aachen, als sich die drei Frauen kennenlernten. Seitdem verbindet sie die Leidenschaft fürs Entwerfen, Planen und Bauen: „Wir pflegen einen sehr ehrlichen, wahrhaftigen und authentischen Zugang zur Architektur“, sagt Wögrath. Inzwischen haben sie schon einige Schwimmbäder, Schulen, Infrastrukturprojekte oder Wohnbauten in ihr Portfolio eingereiht. Dabei hatten sie doch das gemeinsame Planen ganz ohne Plan begonnen: „Wir wollten es einfach. Und wir hatten ein gutes Bauchgefühl“, sagt Mehlan. Das genügte, um ins erste gemeinsame Büro zu ziehen. Ein ehemaliges Nagel­studio im Souterrain, ohne Heizung. Das war vor zwölf Jahren. „Uns war es vergönnt, gleich einen großen Wettbewerb zu gewinnen“, erzählt Wögrath. Ein Kinderbetreuungszentrum in Maria Enzersdorf. Schon damals standen sie gern selbst auf der Baustelle.

Illiz. Sabrina Mehlan (links) und Stefanie Wögrath in ihrem Atelier am Henriettenplatz in Wien. Petra Meng (nicht im Bild), die dritte Gründerin, führt das Büro in Zürich.
Illiz. Sabrina Mehlan (links) und Stefanie Wögrath in ihrem Atelier am Henriettenplatz in Wien. Petra Meng (nicht im Bild), die dritte Gründerin, führt das Büro in Zürich. Christine Pichler

Auch heute noch. Am liebsten gemeinsam mit Menschen, die ebenso viel Herzblut in die Umsetzung legen wie sie selbst in die Planung: „Wir haben gerade eine Feuer­wache in Wien Speising fertiggestellt. Es war schön zu sehen, mit wie viel Herz die Metallbauer an die Fassade herangegangen sind“, erzählt Mehlan. Doch auf der Baustelle und am Besprechungstisch begegnen sie noch ganz anderen Gesprächspartnern als Handwerkern. „In vielen Entscheidungsgremien, auch in den Gemeinden oder in der Stadtverwaltung, haben wir mit Frauen zu tun“, erzählt Wögrath. Aber der Großteil der Interaktionen läuft trotzdem mit Männern. Vorurteile wären ihnen trotzdem nicht so sehr entgegengesprungen. Eher Vertrauen, sobald sie gezeigt hätten, dass sie wissen, wovon sie sprechen. Vielleicht habe das auch mit ihrem Umgangston zu tun, meinen die Architektinnen. Diesen wählen sie bedacht und respektvoll in alle Richtungen. Auch gegenüber den Bauherren, die freilich überwiegend tatsächlich „Herren“ sind. „Vielleicht waren die Vorbehalte eher andere: Dass wir jung waren. Nicht dass wir Frauen sind“, sagt Mehlan. Knapp 30 waren sie, als sie ihr Büro formierten. Und schon lief ihr Leben deutlich strukturierter. Auch zwangsläufig. Beim Modellbauen im Büro genauso wie auf dem Familienkalender an der Küchenwand zuhause. „Als wir den ersten Wettbewerb gewannen, war ich gerade schwanger mit meinem Sohn“, erzählt Wögrath. Ohne den „heiligen“ Jahresplaner ging nichts mehr. Jeder Tag mit Textmarker schon eingeteilt. Doch auch auf ganz andere Herausforderungen als auf Kinder haben sich Mehlan und Wögrath eingelassen: Sogar auf die Mechanik und Systematik von Bauträgerwettbewerben. Und das erfolgreich. Zurzeit füllen sie einige Inhalte des geförderten Wohnbaus in bauliche Hüllen ab, vor allem im Entwicklungsgebiet „Carée Atzgersdorf“. In diesen Planungsprozessen bliebe jedoch kaum Zeit und Budget für Experimente. „In der Schweiz etwa hat man da schon deutlich mehr Spielraum.“ www.illiz.eu

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