Das Deckenfresko im Marmorsaal von Stift Geras erinnert an das wirtschaftliche Chaos des Stiftes.
Economist

Niederösterreichische Steuermillionen und Gottes Segen

Das Stift Geras und das Land Niederösterreich liegen im Clinch wegen nicht bezahlter Wohnbaudarlehen. Eine Geschichte über offene Rechnungen, ein Grab für öffentliche Fördermittel und die Rolle von Wolfgang Sobotka.

Für gewöhnlich geht es eher ruhig zu in Geras, einer beschaulichen 1300 Seelen-Gemeinde im nördlichen Waldviertel nahe der tschechischen Grenze. Die turbulenten Zeiten glaubte man hier längst hinter sich gelassen zu haben. In den 90er-Jahren geriet das Stift Geras nämlich in finanzielle Turbulenzen. Angetrieben von Altabt Joachim Angerer wurden damals visionäre Projekte in der Region angestoßen. Angerer wollte das Waldviertel mit Kultur und Tourismus beleben. Aus der Stiftskassa investierte er in zahlreiche Kunstprojekte und Tourismusbetriebe und tatsächlich gelang es ihm, die Region nachhaltig zu prägen.

Angerer war eine Galionsfigur, ein umtriebiger Macher, aber eben kein Wirtschafter. Das Stift sollte in den folgenden Jahren ein saftiges Minus erwirtschaften. Die angehäuften Schulden konnten nicht mehr zurückgezahlt werden. Das Stift, dessen Chorherren 21 Pfarren in der Umgebung betreuen, stand vor dem wirtschaftlichen Ruin. Die Öffentlichkeit wurde über den Zustand des Stiftes lang falsch informiert, ehe sich Anfang der 2000er-Jahre einige Ordensbrüder an Rom gewandt haben, um einen Ausweg aus der verheerenden wirtschaftlichen Lage des Stiftes zu finden. Der Vatikan leitete 2003 eine päpstliche Visitation ein, um das Ausmaß des wirtschaftlichen Desasters festzustellen. 14 Millionen Euro betrug damals der Schuldenstand, Angerer trat daraufhin als Abt des Stiftes zurück.

Um das Darlehen bedienen zu können, erwägt das Stift, seinen Wald zu verkaufen.

Einen Gutteil der Entschuldung haben andere Klöster und Banken abgenommen, zudem verkaufte das Stift einen Teil seiner historischen Gebäude sowie die Hälfte seiner Landwirtschaften. 2007 wurde freudig verkündet: „Stift Geras ist wieder schuldenfrei.“
Doch jetzt verdunkeln sich die Wolken über Geras wieder. Die finanzielle Situation des Stiftes ist nämlich bei Weitem nicht so rosig, wie nach außen hin kommuniziert. Hinter den Kulissen soll es deswegen schon seit einiger Zeit krachen.

Bei der Entschuldungsaktion Anfang der 2000er wurde nämlich auf eine wichtige Liegenschaft vergessen: Das nahe gelegene Kloster Pernegg, das auf den ersten Blick durchaus eine Erfolgsgeschichte ist. Das Kloster hat sich in den vergangenen Jahren als Ruheoase und spirituelles Fastenzentrum einen Namen gemacht. Unter dem Motto „Entdeckung der Stille“ empfängt das Fastenkloster jährlich Tausende Gäste. Die Geschäfte laufen gut, Geschäftsführer Klaus Rebernig sieht das Kloster Pernegg als wichtigen Wirtschaftsfaktor für die sonst so strukturschwache Region.

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